Abbrucharbeiten legen Baugenehmigung nahe!

Nachbarliche Abwehrrechte gegen eine Baugenehmigung können bereits binnen eines Jahres verwirkt sein, nachdem erste Abbruchmaßnahmen auf dem Baugrundstück wahrnehmbar gewesen sind. Das gilt auch dann, wenn die Abbrucharbeiten ihrerseits nicht genehmigungspflichtig waren.

Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des OVG Niedersachsen vom 14.04.2021 (1 E 140/20). In dem Verfahren hatte der Betreiber einer Papierfabrik gegen ein Bauvorhaben in seiner unmittelbaren Nachbarschaft geklagt, das unter anderem einen Lebensmittelmarkt vorsah. Der Fabrikbetreiber war der Auffassung, dass das Vorhaben zu seinem Betrieb keinen angemessenen Sicherheitsabstand gemäß der Seveso-III-Richtlinie einhalte.

Die Baugenehmigung für das Vorhaben stammte vom 14.12.2016. Sie war dem Fabrikbetreiber nicht bekanntgegeben worden. Allerdings befanden sich auf dem Baufeld diverse Bestandsbauten, welche der Bauherr bis Juli 2017 abbrechen ließ. Am 26.03.2020 legte der Bauherr gegen die Baugenehmigung Widerspruch ein und beantragte bei dem Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht lehnten den Eilantrag ab. Zur Begründung verwiesen Sie darauf, dass die Baugenehmigung dem Nachbarn gegenüber bestandskräftig geworden sei.

Zwar sei dem Nachbarn die Baugenehmigung nicht amtlich bekannt gegeben worden. Aber auch gegen eine nicht bekannt gegebene Baugenehmigung könne man nach Treu und Glauben seine Abwehrrechte verlieren. Das sei dann der Fall, wenn der Betroffene sich nicht innerhalb eines Jahres gegen die Genehmigung zur Wehr setze, nachdem sich ihm ihr Vorliegen habe aufdrängen müssen. Der sichtbare Beginn der Bauausführung oder deutlich wahrnehmbare Bauarbeiten seien lediglich der späteste Anknüpfungspunkt hierfür. Auch aus genehmigungsfreien Abbruch- oder Beseitigungsmaßnahmen müsse unter Umständen schon auf das Vorliegen einer Baugenehmigung für nachfolgende Baumaßnahmen geschlossen werden.

Im vorliegenden Fall habe es sich um ein großes Vorhabengrundstück in prominenter Lage mit einem hohen Investitionsvolumen gehandelt. Es sei zu erwarten gewesen, dass sich ein Investor auf einem solchen Grundstück schon aus wirtschaftlichen Gründen nur dann von altem Gebäudebestand trenne, wenn die künftige Grundstücksnutzung gesichert sei. Daher habe der Fabrikbesitzer aus den Abbrucharbeiten schließen müssen, dass bereits eine Baugenehmigung für eine Nachfolgenutzung vorliege.

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