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Abweichende Bauausführung: Baugenehmigung weg!

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Weicht der Bauherr wesentlich von der Baugenehmigung ab, erlischt diese. Wesentlich ist die Abweichung unter anderem dann, wenn Merkmale betroffen sind, welche die Identität des Bauvorhabens ausmachen. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit Beschluss vom 13.05.2022 (1 ZB 21.2603) bekräftigt.

In dem entschiedenen Fall ging es um drei Wohngebäude nebst Carports, die auf einem unbebauten Grundstück am Rande einer Siedlung errichtet werden sollten. Der Baugenehmigung lag ein positiver Bauvorbescheid zugrunde. Die Baubehörde erteilte die Genehmigung, obwohl das Vorhaben nach ihrer Auffassung im Außenbereich liege. Der Vorbescheid habe aber ein schutzwürdiges Vertrauen des Bauherrn begründet. Deshalb sehe man davon ab, den Vorbescheid zurückzunehmen und die Baugenehmigung zu versagen. Als die Behörde später eine Baukontrolle durchführte, musste sie feststellen, dass die Wohngebäude höher als genehmigt ausgeführt und anstelle der Carports Doppelgaragen errichtet worden waren. Der Bauherr reichte Tekturanträge ein, um die Abweichungen nachträglich zu legalisieren. Die Behörde lehnte die Tekturanträge jedoch ab. Hiergegen klagte der Bauherr.

Die Klage des Bauherrn blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Das Vorhaben, so der VGH, liege im Außenbereich und sei dort nicht genehmigungsfähig. Der Bauherr könne sich auch nicht auf die ursprüngliche Baugenehmigung berufen, da diese erloschen sei. Denn die Bauausführung weiche so stark von der Genehmigung ab, dass der Bauherr ein „aliud“, also etwas anderes als genehmigt, gebaut habe. Letzteres sei immer dann der Fall, wenn die Abweichung Merkmale betreffen, die für die Identität eines Bauvorhabens wesentlich sein. Nach der Rechtsprechung seien dies z.B. der Standort, die Grundfläche, das Bauvolumen, die Zweckbestimmung, die Höhe, Dachform oder das Erscheinungsbild eines Vorhabens. Eine Abweichung führe auch dann zu einem „aliud“, wenn sie Belange berühre, die bei der Erteilung der Baugenehmigung zu berücksichtigen waren. Ein „aliud“ liege des Weiteren vor, wenn ein Vorhaben nicht ohne Zerstörung seiner Substanz oder wesentlicher Teile mit der erteilten Baugenehmigung in Einklang gebracht werden könne. Im vorliegenden Fall weise das Vorhaben ein verändertes Erscheinungsbild auf, denn durch die veränderte Höhe und die Doppelgaragen wirke es deutlich massiver als die genehmigte Planung.

Die Entscheidung zeigt, dass Abweichungen von der Baugenehmigung mit besonderen Risiken verbunden sind. Das gilt insbesondere im Außenbereich, wo Vorhaben ohnehin nur ausnahmsweise genehmigt werden können. In dem entschiedenen Fall haben die Abweichungen die fatale Folge, dass der Bauherr drei „Schwarzbauten“ errichtet hat. Die Baubehörde kann ihre vollständige Beseitigung verlangen.



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