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Achtung, Nachbar hört mit!

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Das öffentliche Baurecht gewährleistet grundsätzlich keinen Schutz vor unerwünschten Einblicken oder unerwünschtem Mithören. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit Beschluss vom 17.09.2020 (9 CS 20.1414) entschieden.

In dem entschiedenen Fall hatte ein Grundstückseigentümer eine Baugenehmigung für ein Nachbarbauvorhaben angefochten. Die Baugenehmigung erlaubte dem Nachbarn unter anderem den Neubau einer Garage mit Abstellraum und Dachterrasse an der Grundstücksgrenze. Da für das Baugebiet die geschlossene Bauweise galt, musste der Nachbar keinen Grenzabstand einhalten.

Der Grundstückseigentümer war aber der Ansicht, dass das Vorhaben ihn in seiner räumlich geschützten Privatsphäre verletze. Von der geplanten Dachterrasse aus könne der Nachbar Gespräche mithören, die jenseits der Grundstücksgrenze geführt würden. Das verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

Mit dieser Argumentation hatte der Grundstückeigentümer keinen Erfolg. Wenn das Baurecht grundsätzlich keinen Schutz vor unerwünschten Einblicken gewähre, so der VGH sinngemäß, müsse das auch für die Möglichkeit des Mithörens von Gesprächen gelten. Ein Ausnahmefall, in dem eine solche Mithörmöglichkeit rücksichtslos sei und zur Unzulässigkeit des Nachbarbauvorhabens führe, liege hier nicht vor. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass das Mithören von einem unbebauten Bereich des Baugrundstücks ebenso wie von der Terrasse aus möglich wäre.

Die Entscheidung bestätigt erneut: Das – gesetzlich nicht geregelte – Gebot der Rücksichtnahme führt nur in krassen Ausnahmefällen zu dem Ergebnis, dass ein baurechtlich an sich zulässiges Vorhaben nicht ausgeführt werden darf. Ein solcher Ausnahmefall lag hier offensichtlich nicht vor. Denn der Grundstückseigentümer war in seiner Privatsphäre letztlich nicht mehr betroffen war als jeder andere, an dessen Grundstücksgrenze nach den gesetzlichen Vorschriften angebaut werden darf.



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