Stellt ein Auftragnehmer die Arbeiten ein, um einen Nachtrag durchzusetzen, ist darin eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht zu sehen. Dies berechtigt den Auftraggeber zur fristlosen Kündigung. Das hat das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 05.04.2023 (15 U 101/22) klargestellt.
In dem entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber eine Abschlagsrechnung nicht bezahlt, in der mehrere streitige Nachträge enthalten waren. Daraufhin mahnte der Auftragnehmer die Nachträge an und drohte für den Fall der Nichtzahlung die Kündigung an. Da die Zahlung ausblieb, zog der Auftragnehmer sämtliches Personal von der Baustelle ab und entfernte jegliche Baustellenbeschilderung, die seinen Namen trug. Der Auftraggeber forderte ihn unter Fristsetzung zur Wiederaufnahme der Arbeiten auf. Dem kam der Auftragnehmer nicht nach, woraufhin der Auftraggeber fristlos kündigte.
Das OLG hält die Kündigung für gerechtfertigt. Zur Begründung führt es aus: Das Verhalten des Auftragnehmers stelle einen schweren Verstoß gegen die bauvertragliche Kooperationspflicht dar. Damit liege zugleich ein wichtiger Kündigungsgrund vor, der dem Auftraggeber eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar gemacht habe. Dies gelte vorliegend umso mehr, als die Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart hätten, dass der Auftragnehmer bei Meinungsverschiedenheiten in keinem Fall berechtigt sei, die Arbeiten einzustellen. Die Arbeitseinstellung lasse die fristlose Kündigung schon deshalb als gerechtfertigt erscheinen, weil der Auftragnehmer gegen diese vertragliche Regelung verstoßen habe.
Die Parteien eines Bauvertrages sind in besonderem Maße zur gegenseitigen Kooperation verpflichtet. Bei Meinungsverschiedenheiten ist jeder Vertragspartner grundsätzlich gehalten, im Wege der Verhandlung eine Klärung und eine einvernehmliche Lösung zu versuchen. Dies gilt insbesondere bei gegenteiligen Auffassungen über die Fragen, ob überhaupt ein zusätzlicher Vergütungsanspruch besteht oder wie die Vergütung anzupassen ist.