+49 211 92412020
dus@rechtplanbar.de
English version

Bauzeitverzögerung: SiGeKo erhält zusätzliche Vergütung!

image_pdfimage_print

Enthält der Vertrag eines Koordinators für Sicherheit und Gesundheit auf der Baustelle (SiGeko) keine Regelung zu einer Vergütung bei Bauzeitverlängerung, kann der SiGeKo eine Vergütung einseitig festlegen. Das hat das OLG Brandenburg am 16.06.2021 (11 U 16/18) entschieden.

Dieser Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem die Parteien einen Vertrag über SiGeKo- Tätigkeiten auf einer Flughafen-Baustelle abgeschlossen hatten. Vorgesehen war, dass der SiGeKo seine Leistungen von Juni 2012 bis März 2013 zu einer monatlichen Pauschale von 25.000,00 € erbrachte. Tatsächlich war der SiGeKo bis August 2013 tätig. Hierfür forderte er eine zusätzliche Vergütung i.H.v. 125.000,- €.

Das OLG sprach dem SiGeKo die verlangte Zusatzvergütung zu, und zwar mit folgender Begründung: Der Vertrag enthalte eine Lücke, weil die Parteien den Fall nicht bedacht bzw. geregelt hätten, dass sich die Inbetriebnahme des Flughafens verzögern und sich dadurch die SiGeKo-Tätigkeit verlängern würde. Diese Lücke sei durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Die ergänzende Vertragsauslegung führe zu einem einseitigen Bestimmungsrecht des SiGeKo. Im vorliegenden Fall habe der SiGeKo dieses Bestimmungsrecht angemessen ausgeübt. Denn der SiGeKo habe die vereinbarte monatliche Pauschale fortgeschrieben, die er für seine Koordinierungstätigkeiten bei Vollbetrieb der Flughafen-Baustelle kalkuliert hatte. Dies entspreche dem, was die Parteien nach angemessener Abwägung ihrer Interessen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte unter Anknüpfung an die im Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen als redliche Vertragspartner vereinbart hätten.

Rechtlich interessant sind die Ausführungen des OLG zur Rechtsnatur des SiGeKo-Vertrages. Hier hat das Gericht den SiGeKo-Vertrag gemäß § 611 Abs. 1 BGB als Dienstvertrag mit werkrechtlichen Elementen qualifiziert. Insbesondere die Fragen der Fälligkeit der Vergütung, Haftung, Kündigung und Verjährung bestimmten sich daher im Grundsatz nicht nach Werkvertragsrecht, sondern nach den Regeln über den Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB. Das bedeutet z. B., dass die Vergütung nach Leistung der Dienste zu zahlen ist, ohne dass es etwa einer Abnahme der Dienstleistungstätigkeit bedarf. Auch schuldet der Dienstleister nicht den Eintritt eines bestimmten Erfolgs, sondern lediglich die ordnungsgemäße und persönliche Leistungserbringung.



Zur Übersicht