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Bodenplatte überschreitet Grundstücksgrenze: Bauherr schuldet Überbaurente aus dem vollen Verkehrswert!

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Die Höhe einer Überbaurente hängt nicht davon ab, inwieweit der Überbau die Nutzung des Nachbargrundstücks beeinträchtigt. Die Überbaurente ist allein aus dem Verkehrswert des Nachbargrundstücks zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung zu berechnen.

Das hat der BGH mit Urteil vom 12.10.2018 (V ZR 81/18) entschieden. Es ging dabei um einen Fall, in dem ein Projektentwickler eine Wohnanlage mit 25 Wohneinheiten errichtet hatte. Beim Betonieren der Bodenplatte des zweiten Untergeschosses war es dazu gekommen, dass die Bodenplatte die Grenze zum Nachbargrundstück auf einer erheblichen Länge um 30 cm überschritt. Zeitgleich hatte der Nachbar ein eigenes Bauvorhaben an der Grundstücksgrenze errichtet. Da dieses nicht bis in die gleiche Tiefe reichte wie das des Projektentwicklers, konnte er sein Projekt plangemäß verwirklichen. Gleichwohl verlangte der Nachbar für die überstehende Bodenplatte die Zahlung einer Überbaurente.

Das Landgericht gab dem Nachbarn dem Grunde nach Recht. Da der Überbau weder auf Vorsatz noch auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sei und der Nachbar keinen unverzüglichen Widerspruch gegen ihn erhoben habe, müsse er den Überbau gemäß § 912 Abs. 1 BGB dulden. Als Ausgleich stehe ihm eine jährliche Geldrente zu, § 912 Abs. 2 S. 1 BGB. Diese sei dadurch zu ermitteln, dass der Liegenschaftszins (hier: 5,41 %) mit dem Bodenwert (hier: 900 €/qm) und der überbauten Fläche multipliziert werde. Allerdings müsse, so das Landgericht, im vorliegenden Fall ein „erheblicher Abschlag“ vorgenommen werden. Denn der Überbau habe den Nachbarn nicht an der plangemäßen Ausführung seines Bauvorhabens gehindert. Es sei auch nicht zu erwarten, dass der Nachbar den überbauten Grundstücksbereich in den nächsten Jahrzehnten benötige. Daher sei hier nur ein Drittel des Bodenwertes anzusetzen.

Dem trat der BGH entgegen. Der Gesetzgeber habe den Ausgleich für die Duldung der Grenzüberschreitung bewusst nicht nach konkreten Nutzungseinbußen bemessen. Bei diesem Ansatz hätte die Geldrente nämlich veränderlich ausgestaltet werden müssen; die Bestimmung ihrer Höhe wäre dann eine „fortdauernde Quelle von Streitigkeiten“ gewesen. Um klare und feste Verhältnisse zu schaffen, habe sich der Gesetzgeber für eine pauschalierende Lösung entschieden. Danach kommt es für die Höhe der Geldrente allein auf den Verkehrswert des überbauten Grundstücksteils im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung an. Folglich sei auch in diesem Fall kein reduzierter, sondern der vollständige Bodenwert zur Berechnung der Überbaurente anzusetzen.

 

 



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