Bei einem erwarteten Kaufkraftabfluss von weniger als 10 % sind keine schädlichen Auswirkungen eines Einzelhandelsbetriebs auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten. Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Urteil vom 29.08.2024 (8 S 2499/22) bestätigt.
Worum ging es? Ein Unternehmer beantragte bei der Baubehörde einen Bauvorbescheid für sein Vorhaben, einen Getränkemarkt in das Erdgeschoss eines Parkhauses einzubauen. Der Getränkemarkt sollte eine Verkaufsfläche von 790 m² haben. Auf dem Nachbargrundstück befand sich bereits ein Verbrauchermarkt mit einer Verkaufsfläche von 5000 m², zu der auch eine Getränkeabteilung gehörte. Die Baubehörde lehnte den Bauvorbescheid mit der Begründung ab, dass von dem geplanten Getränkemarkt schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten seien.
Dem folgt der VGH – anders als das erstinstanzliche Verwaltungsgericht – nicht. Er gab der Klage auf Erteilung des Bauvorbescheides statt. Zur Begründung führte der VGH aus: Schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB verlangten, dass die Funktionsfähigkeit zentraler Forschungsbereiche der Beklagten oder von Nachbargemeinden so nachhaltig gestört würden, dass sie ihren Versorgungsauftrag nicht mehr substantiell wahrnehmen könnten. Das sei hier nicht zu erwarten. „Allein mit der Möglichkeit einzelner Kundenverlagerungen mit gelegentlich auch stattfindenden Kaufkraftabschlüssen“ könnten keine schädlichen Auswirkungen begründet werden. Die Unschädlichkeit des Vorhabens werde hier durch die Auswirkungswirkungsanalyse des Verbrauchermarktbetreibers bestätigt. Danach habe der unmittelbar benachbarte Verbrauchermarkt selbst dann, wenn man eine maximale Flächenproduktivität des Getränkemarkts annähme, nur einen Umsatzrückgang von weniger als 2 % zu befürchten. Bei einem derart niedrigen Wert liege es, so der VGH, „gänzlich fern, dass in einem der zentralen Versorgungbereiche ein erheblicher Kaufkraftabfluss – von ca. 10 % oder mehr – zu erwarten sein könnte“.
Das Urteil zeigt: Die Rechtsprechung betont zwar, dass es für die Frage, ob ein Einzelhandelsvorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche habe, auf eine „Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände“ ankomme. Falls sich aber bereits aufgrund ‚harter‘ gutachterlicher Zahlen belegen lässt, dass bei den vorhandenen Betrieben kein Umsatzrückgang von mindestens 10 % zu erwarten ist, darf einem neu hinzutretenden Betrieb die Zulassung nicht verwehrt werden.