Eine Baugenehmigung für eine Wohnung deckt nicht deren Umnutzung als Praxis. Eine dagegen gerichtete Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit Beschluss vom 01.10.2024 entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Baubehörde im Jahre 2019 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Zweifamilienhauses im Außenbereich erteilt. Zu Beginn des Jahres 2021 verlegten die Hauseigentümer ihre Praxis für Naturheilverfahren in das Erdgeschoss des Gebäudes. Als die Baubehörde von der Umnutzung erfuhr, stellten die Hauseigentümer einen nachträglichen Bauantrag zur Genehmigung der Nutzungsänderung. Die Baubehörde lehnte den Bauantrag ab und ordnete die Einstellung der Praxisnutzung an. Sie erklärte den Bescheid für sofort vollziehbar und drohte ein Zwangsgeld für den Fall der Zuwiderhandlung in Höhe von 3.000 € an.
Die Hauseigentümer wendeten sich mit einem Eilantrag gegen das behördliche Vorgehen. Die Umnutzung sei – auch im Außenbereich – genehmigungsfähig, weil insoweit der Bestandschutz aus der Genehmigung des Zweifamilienhauses greife. Dem folgte der VGH nicht. Er wies den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus: Eine Nutzungsuntersagung könne bereits dann ausgesprochen werden, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, also formell illegal, genutzt werde. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion habe, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, müsse grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstoße. Es entspreche regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbinde.
Hier hätten die Hauseigentümer für die Umnutzung der Wohnung einer Baugenehmigung bedürft, so der Senat weiter. Eine Praxis liege nicht innerhalb der Variationsbreite einer Wohnnutzung, sondern weise eindeutig eine andere Zweckbestimmung auf. Die neue Nutzung berühre andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie z.B. die Stellplatzfrage, Immissionen sowie die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit und das Rücksichtnahmegebot.
Zwar könne eine Nutzungsuntersagung ausnahmsweise ermessensfehlerhaft sein, wenn die untersagte Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei. Davon könne hier aber schon deshalb nicht gesprochen werden, weil das Vorhaben im Außenbereich gemäß § 35 BauGB verwirklicht werden sollte. Die vorliegende Baugenehmigung vermittele insoweit keinen Bestandsschutz, weil sie sich nur auf die Wohnnutzung beziehe.
Dass sich das Wohnhaus im Außenbereich befand, hat die ungenehmigte Umnutzung der Räume im Erdgeschoss besonders riskant gemacht. Aber auch ohne diese Besonderheit waren die Hauseigentümer bei ihrem Vorgehen schlecht beraten. Denn es ist grundsätzlich immer mit einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung zu rechnen, wenn eine genehmigte Nutzung so geändert wird, dass sie eine andere Zweckbestimmung verfolgt. Investitionen in die neue Nutzung verfügen nur dann über eine sichere Grundlage, wenn diese bestandskräftig genehmigt ist.