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Keine Gemeinbedarfsfläche auf Privatgrundstück, wenn es auch anders geht!

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Ein Bebauungsplan ist abwägungsfehlerhaft, wenn er eine Gemeinbedarfsfläche auf einem privaten Grundstück ausweist, obwohl das Planvorhaben gleich gut auf einem Grundstück der öffentlichen Hand verwirklicht werden kann. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Urteil vom 16.02.2022 (5 S 2207/20) entschieden.

Dabei ging es um einen Bebauungsplan für eine Schule. Dieser sah vor, dass der Schulneubau zunächst auf einem städtischen Grundstück errichtet werden soll. Zugleich sollte jedoch auf einem angrenzenden unbebauten Grundstück eine Erweiterungsfläche vorgehalten werden. Daher erstreckt sich der Bebauungsplan auch auf dieses Nachbargrundstück. Das gehört allerdings nicht der planenden Gemeinde, sondern einem privaten Eigentümer.

Der Nachbar wehrt sich im Wege der Normenkontrolle dagegen, dass der Bebauungsplan eine Teilfläche von ca. 3.500 m² seines Grundstücks der Gemeinbedarfsfläche – Schule – zuschlägt. Er argumentiert, dass der Erweiterungsbau für die Schule genauso gut auf einem angrenzenden städtischen Grundstück gebaut werden könne. Die Gemeinde hält dem entgegen, dass der Erweiterungsbau auf ihrem Grundstück weniger gut von der öffentlichen Straße aus erreichbar sei, als wenn er auf dem Nachbargrundstück untergebracht würde.

Der VGH weist die Argumentation der Gemeinde zurück: Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit komme im Rahmen der Abwägung gesteigerte Bedeutung zu. Das schließe es aus, privates Eigentum in Anspruch zu nehmen, wenn das Planvorhaben gleich gut auf einem Grundstück der öffentlichen Hand verwirklicht werden kann. Dies sei hier der Fall. Denn würde der Erweiterungsbau auf städtischem Grund errichtet, läge er nur 45 m weiter von der öffentlichen Straße entfernt als bei einer Errichtung auf dem privaten Nachbargrundstück. Diese Wegeverlängerung sei marginal und fiele nicht entscheidend ins Gewicht.

Die Entscheidung betont den Stellenwert des durch Art. 14 Abs. 1 geschützten Privateigentums. Wird es durch einen Bebauungsplan für öffentliche Zwecke herangezogen, sind die Anforderungen an eine fehlerfreie Abwägung besonders hoch. Hierfür reicht es nicht aus, dass ein – aus Sicht der planenden Gemeinde – optimales Ergebnis die Inanspruchnahme privaten Grundes verlangt. Vielmehr ist der Nachweis erforderlich, dass das Planvorhaben anders nicht oder nur erheblich schlechter verwirklicht werden kann.



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