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Ungewöhnlich: Auftragnehmer darf Nachtragsforderungen isoliert einklagen!

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Die Parteien eines Bauvertrags können vereinbaren, dass einzelne Nachtragsforderungen aus der Schlussrechnung ausgegliedert werden und der Auftragnehmer diese isoliert geltend machen kann. Das hat das OLG Köln am 13.10.2022 (7 U 47/20) entschieden.

In dem Fall stritten die Vertragspartner über einen Nachtrag. Damit dieser Streit den weiteren Bauablauf nicht gefährdete, kamen die Parteien überein: Der Bauunternehmer sollte den strittigen Nachtrag nach Abschluss des Projekts als separate Forderung einklagen können. Im Gegenzug sollte sich der Bauherr auf Einwendungen beschränken, die sich auf diesen Nachtrag bezogen.

Wie geplant erhob der Auftragnehmer später seine Klage. Anders als das erstinstanzliche Landgericht hielt sie das OLG für zulässig. Der Auftraggeber sei aufgrund der ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien befugt, den Nachtrag isoliert geltend zu machen. Zwar sei allgemein anerkannt, dass sich der Werklohnanspruch bei einem abgeschlossenen, abgenommenen und schlussgerechneten Bauvorhaben grundsätzlich auf den Saldo beziehe, den die Schlussrechnung unter Berücksichtigung sämtlicher Einzelpositionen und Abschlagszahlungen ausweise. Die Parteien könnten aber durch Vereinbarung eine der Abrechnungspositionen verselbstständigen. Dabei verkenne der Senat nicht, dass die gesonderte Geltendmachung von Nachtragsforderungen praktische Nachteile (z.B. Aufsplitterungsgefahr) haben könne. Letztlich geschehe dem Auftraggeber aber kein Unrecht, wenn der Auftragnehmer einen Nachtrag nach vorheriger Vereinbarung isoliert einklage.

Gut gedacht, trotzdem Pech gehabt: Der Auftragnehmer konnte seine Nachtragsforderung letztlich nicht durchsetzen. Denn ihm gelang es nicht, die Anspruchsvoraussetzungen zu beweisen. So war zwar dem Bauherrn mit der kreativen Vereinbarung geholfen. Denn er konnte das Bauvorhaben ungestört zu Ende führen. Der Auftragnehmer hatte aber sein Druckmittel – Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten oder eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs – aufgegeben und ging am Ende leer aus.



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