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Vergabe kommunalen Baulands: nur fair und transparent!

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Vergibt eine Gemeinde Bauplätze, muss jeder Bewerber eine faire Chance erhalten und klar erkennen können, welche Unterlagen er einreichen und welche Angaben er machen muss. Das hat der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 19.07.2022 (1 S 1121/22) entschieden.

Dabei ging es um folgenden Fall: Eine Gemeinde wollte sechs Grundstücke an Bauwillige verkaufen. Die Vergabe sollte nach Richtlinien erfolgen, welche die Gemeinde zuvor aufgestellt und veröffentlicht hatte. Nach den Richtlinien durften sich sowohl Privatpersonen als auch gewerbliche Unternehmen um den Zuschlag bewerben. Allerdings sollten die Bewerber eine „Befähigung zur Berufsausübung“ nachweisen und eine „Unternehmensbeschreibung“ sowie die „Umsatzzahlen der letzten drei Jahre“ vorlegen. Neben mehreren gewerblichen Bauträgern bewarb sich auch eine Bauherrengemeinschaft aus sieben Privatpersonen. Die Gemeinde wies die Bewerbung zurück, da sie nicht den Kriterien der Vergaberichtlinien entspreche und die eingereichten Unterlagen nicht vollständig seien. Das Grundstück sollte stattdessen an einen der Bauträger verkauft werden. Das hat die Bauherrengemeinschaft mit einem Eilantrag zum Verwaltungsgericht verhindert.

Nach der Begründung des VGH muss jeder Bewerber aufgrund seines Vergabeverfahrensanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG eine faire Chance erhalten, berücksichtigt zu werden. Deshalb seien Vergaberichtlinien so klar und eindeutig zu formulieren, dass jeder verständige Bewerber sie gleichermaßen verstehen, seine Chancen abschätzen und insbesondere erkennen könne, welche Unterlagen er einreichen muss, um im Vergabeverfahren zugelassen und inhaltlich berücksichtigt zu werden. Dem würden die Vergaberichtlinien der Gemeinde nicht gerecht. Sie erweckten den Eindruck, dass sich auch Private um die Bauplätze bewerben können. Die aufgestellten Eignungskriterien seien jedoch nur auf gewerbliche Bewerber zugeschnitten. Eine Klarstellung, inwieweit diese Kriterien auch für private Bewerber gälten, fehle. Die Richtlinien versetzten einen privaten Interessenten nicht in die Lage, seine Chancen abschätzen und erkennen zu können, welche Unterlagen er einreichen und Angaben er machen musste, um im Vergabeverfahren zugelassen und inhaltlich berücksichtigt zu werden. Da die Vergabeentscheidung der Gemeinde auf diesen Richtlinien beruhe, sei sie rechtswidrig.

Auch wenn die Entscheidung zugunsten einer privaten Bauherrengemeinschaft erging, gilt sie gleichermaßen für gewerbliche Unternehmen aus dem Projektentwicklungs- und Bauträgerbereich. Auch diese können sich auf ihren grundrechtlich geschützten Vergabeverfahrensanspruch berufen, wenn sie bei der Baulandvergabe unfair behandelt oder mit intransparenten Entscheidungen konfrontiert werden.

 



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