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Was verlangt die Schriftform bei langfristigen Mietverträgen?

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Schriftformfehler führen zur vorzeitigen Kündbarkeit von langfristigen Mietverträgen. Sie sollten daher unbedingt vermieden werden. Unkritisch sind jedoch folgende Fälle:

  • Ein ganzes Gebäude wird vermietet, ohne dass die genaue Quadratmeter-zahl der Mietfläche angegeben wird, oder andere wesentliche Umstände des Vertrages, wie ein Umbaurecht des Mieters, werden nicht detailliert angegeben. Die Einigung über sie ist aber in der Vertragsurkunde festgehalten und der Inhalt durch Umstände außerhalb der Urkunde bestimmbar;
  • Eine Nachtragsvereinbarung ist zwar nummeriert, führt aber vorherige Nachträge nicht explizit auf, sondern nimmt nur Bezug auf den Ursprungsvertrag;
  • Der Beginn des Mietverhältnisses ist auf den Zeitpunkt die künftige Übergabe bestimmt.

Das hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 15.06.2022 (12 U 86/21) entschieden. In dem Rechtsstreit hatte die Vermieterin eines Gewerbeobjektes versucht, einen auf 15 Jahre abgeschlossenen Mietvertrag vorzeitig zu kündigen. Durch die vorstehen-den ‚Verstöße‘, so die Vermieterin, sei die gesetzliche Schriftform gemäß §§ 550, 566, 578 Abs. 2 BGB verletzt. Der Mieter wies das zurück.

Das OLG gab dem Mieter Recht. Die gesetzliche Schriftform sei durch die genannten Umstände nicht verletzt. Zur Begründung führte es aus:

Wichtig zur Wahrung der Schriftform sei es, dass der wesentliche Vertragsinhalt – insbesondere die Bestimmbarkeit des Mietobjekts, die Parteien, die Miete, die Vertragsdauer und alle Nebenabreden, die für einen Erwerber des Mietgrundstückes von Bedeutung seien – in dem schriftlichen Vertrag erfasst würden. Hierzu sei es nicht erforderlich, dass sich alle Einzelheiten des Vertragsverhältnisses aus der/den Vertragsurkunde(n) selbst ergäben. Vielmehr genüge es, wenn ein potentieller Erwerber aus den Vertragsurkunden ersehen könne, in welche langfristigen Vereinbarungen er gegebenenfalls eintritt, so dass er sich nach deren Einzelheiten vor dem Erwerb erkundigen kann. So reiche es aus, wenn der Mietgegenstand auch ohne konkrete Größenangabe eindeutig bestimmbar und ein Umbaurecht des Mieters in der Urkunde nur genannt, aber nicht näher beschrieben sei.

Aus der Bezeichnung einer Nachtragsvereinbarung als „3. Nachtragsvereinbarung zu dem Vertrag [xy] vom [Datum]“ ergebe sich ausreichend genug, dass es auch eine erste und zweite Nachtragsvereinbarung gebe. Deren genauere Bezeichnung sei zur Wahrung der für die gesetzliche Schriftform erforderlichen vertraglichen Einheit nicht erforderlich.

Wenn in der Vertragsurkunde lediglich geregelt sei, das Mietverhältnis solle mit der Übergabe des Mietgegenstandes beginnen, sei auch dies kein Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform. Ein potentieller Erwerber erhalte durch diese Regelung schließlich ausreichende Anhaltspunkte, um sich nach dem Datum der Übergabe zu erkundigen.

Zwar hat das OLG mit seiner Entscheidung gezeigt, dass nicht jeder vermeintliche Schriftformmangel tatsächlich den Bestand eines langfristigen Mietvertrages gefährdet. Dennoch ist den Vertragsparteien immer zu raten, das Schriftformgebot ernst zu nehmen und die vertraglichen Einzelheiten so genau wie möglich schriftlich festzuhalten. Denn der Wert eines gewerblichen Mietobjektes wird maßgeblich davon beeinflusst, dass die Schriftform der Mietverträge über jeden Zweifel erhaben ist.



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