Das Recht, aus einer Mietbürgschaft Zahlung zu verlangen, richtet sich im Zweifel nicht nach der Bezeichnung in der Bürgschaftsurkunde, sondern nach der Vermieterstellung. Das hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 20.12.2023 (3 U 129/23) entschieden.
In dem Fall verlangte der Vermieter eines Gewerberaummietvertrages von der Mietbürgin – einer Versicherung – die Zahlung wegen Rückständen des Mieters. In der Bürgschaftsurkunde war der Vermieter als Berechtigter nicht ausdrücklich genannt, sondern die für das Mietobjekt zuständige Hausverwaltung. Der Mietvertrag und sein Mietgegenstand waren aber so genau bezeichnet, dass über das zugrundeliegende Mietverhältnis kein Zweifel bestand.
Die Bürgin war der Ansicht, dem Vermieter keine Zahlung aus der Bürgschaft zu schulden, da dieser in der Vertragsurkunde nicht als Gläubiger genannt sei. Das sah das OLG Frankfurt anders.
Nach dem Inhalt der Bürgschaftserklärungen stehe dem Vermieter die Forderung aus der Bürgschaft zu. Dass er nicht ausdrücklich als begünstigter Gläubiger genannt sei, ändere daran nichts. Die Bürgschaft sei vielmehr so auszulegen, dass die Bürgin sich bereit erklärt habe, an den betreffenden Vermieter zu zahlen.
Die Bürgin müsse die Bürgschaftserklärung so gegen sich gelten lassen, wie sie bei Berücksichtigung der für den Vermieter erkennbaren Umstände objektiv aufzufassen sei. Die Begleitumstände müssten in die Auslegung einbezogen werden, wenn sie für den Vermieter einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die Eintragung des Verwalters sei insofern nicht ausschlaggebend. Er könne offensichtlich nicht als Berechtigter gemeint sein, da er nicht Partei des Mietvertrages sei und daher nie Ansprüche aus dem Vertrag haben könne, die mit der Bürgschaft gesichert werden sollten. Weil das besicherte Mietverhältnis hier völlig eindeutig bezeichnet wurde, bestehe kein Zweifel daran, dass der Vermieter Berechtigter aus der Bürgschaft sein sollte.
Obwohl die Ungenauigkeiten in der Bürgschaftsurkunde hier nicht zum Tragen kamen, sollte man als Vermieter bei der Annahme von Mietbürgschaften immer sehr genau auf deren Inhalt achten. Denn auch in anderen Fällen entspricht der Inhalt der Bürgschaftsurkunde nicht den Vereinbarungen des Mietvertrages. Entsprechende Fehler geschehen zum Beispiel, weil Muster des Bürgen genutzt werden. Akzeptiert der Vermieter eine Bürgschaft, die vom Vertrag abweicht, kann darin eine stillschweigende Änderung des Mietvertrages liegen. Diese kann wiederum die gesetzliche Schriftform verletzen mit der Folge, dass der Mietvertrag vor dem Ablauf der vereinbarten Festlaufzeit kündbar ist (§§ 578, 550 BGB).
Dass der Gesetzgeber die gesetzliche Schriftform durch die gesetzliche Textform ersetzen will, ändert daran nichts. Denn eine stillschweigende Vertragsänderung erfüllt auch keine Textform.