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Aktuelles
Die Bauaufsicht darf auch dann bauliche Maßnahmen zur Gefahrenbeseitigung anordnen, wenn der Gebäudebestand von einer gültigen Baugenehmigung gedeckt ist. Das hat das OVG Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 20.08.2024 (7 B 486/24) bekräftigt.
Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Eine eingeschossige Tiefgarage verfügte über drei Treppenaufgänge ins Freie. Die Treppenhäuser waren von außen an die Garage angebaut und mit ihr durch offene Tür- und Fensteröffnungen verbunden. Dieser baulichen Ausführung lag ein Brandschutzkonzept vom 06.09.2017 und eine Baugenehmigung vom 15.01.2019 zu Grunde. Mit Ordnungsverfügung vom 18.01.2024 gab die Bauaufsicht dem Grundstückseigentümer auf, die Fensteröffnungen zu verschließen und Brandschutztüren in die Türöffnungen einzubauen. Der Eigentümer wehrte sich vor Gericht gegen diese nachträglichen Auflagen. Er berief sich auf Bestandschutz und argumentierte, dass die Öffnungen für die natürliche Belüftung der Tiefgarage erforderlich seien. Zudem legt er ein Brandschutzgutachten vor, wonach die Wandöffnungen ungefährlich seien.
Dem Eilantrag des Eigentümers blieb in beiden Instanzen der Erfolg verwehrt. Das OVG begründete dies so: Die Wandöffnungen verstießen gegen § 35 BauO NRW, wonach notwendige Treppenräume gegen das Eindringen von Feuer und Rauch geschützt sein müssen. Wenn es um eine Gefahr für Leben oder Gesundheit gehe, seien keine übermäßig hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts zu stellen. Daher habe die Bauaufsicht das Gefahrenpotenzial nicht auch noch fachgutachterlich bewerten müssen. Da die Ordnungsverfügung auf die Gefahrenbeseitigung gerichtet sei, stehe ihr der Bestandschutz aus der Baugenehmigung grundsätzlich nicht entgegen. Die Ordnungsverfügung sei auch nicht unverhältnismäßig. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass bei einer Schließung der Wandöffnungen eine aufwendige Belüftungsanlage installiert werden müsse. Die vom Eigentümer vorgelegten Gutachten deuteten darauf hin, dass die natürliche Belüftung auch dann noch funktioniere.
Der Fall zeigt einmal mehr auf, wie schwer es für Grundstückseigentümer ist, nachträgliche Brandschutzauflagen abzuwehren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine bauliche Ausführung – sei sie bestandsgeschützt oder nicht – von geltenden Brandschutzvorschriften abweicht. In einem solchen Fall nutzt es auch nichts, wenn Fachgutachten die Unbedenklichkeit der Abweichung bescheinigen.
Die Funktionsfähigkeit eines Werkes kann schon beeinträchtigt und das Werk daher mangelhaft sein, wenn das Risiko eines Gefahreintritts besteht. Das hat das OLG Stuttgart mit Urteil vom 18.09.2023 (10 U 15/23) entschieden.
In dem Fall, über den das OLG zu entscheiden hatte, hatte ein Unternehmer Abwasserleitungen für zwei benachbarte Häuser erstellt. In dem Leitungssystem hatte er sein Werkzeug vergessen. Diese Abwasserleitungen wurden zunächst für beide Häuser separat geführt und dann in einer gemeinsamen Leitung in Richtung des öffentlichen Abwasserkanals vereinigt. Das vergessene Werkzeug führte im gemeinsamen Leitungsabschnitt zu einer Verstopfung. In der Folge kam es zu einem Wasserschaden in einem der angeschlossenen Häuser. Der geschädigte Eigentümer verklagte den Auftragnehmer auf Schadenersatz. Ob das Werkzeug in dem gemeinsamen Teil der Leitung vergessen wurde, oder aus einem der separaten Abschnitte dorthin gespült wurde, ließ sich nicht mehr feststellen.
Der Auftragnehmer vertrat die Ansicht, keinen Ersatz des Schadens zu schulden. Es stehe schließlich nicht fest, in welchem Leitungsabschnitt er das Werkzeug vergessen worden sei. Das Werkzeug könne auch über den Leitungsteil des Nachbarn in das gemeinsame Abwasserrohr gelangt sein. Für den Leitungsteil des Nachbarn bestehe aber kein Werkvertrag zwischen ihm und dem geschädigten Eigentümer, so dass auch keine Mängelgewährleistung geschuldet werde.
Zu Unrecht, wie das OLG entschied. Die Funktionsfähigkeit eines Werkes könne schon dann beeinträchtigt und das Werk daher mangelhaft sein, wenn der Werkunternehmer das Risiko eines Gefahreintritts begründet habe. Diesen treffe eine vertragliche Nebenpflicht, die Funktion der einen Rohrleitung nicht durch Fehler bei der Errichtung einer anderen Rohrleitung zu gefährden. Der Auftragnehmer habe daher auch die separate Abwasserleitung des Nachbarhauses so errichten müssen, dass davon keine Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Leitung des Klägers ausgehe.
Völlig zurecht erteilt das OLG dem Versuch des Werkunternehmers eine Absage, sich der Haftung zu entziehen. Etwas anderes würde natürlich gelten, wenn das Werk, von dem die Gefahr für ein anderes Werk ausgeht, nicht von demselben Unternehmer errichtet wurde. Dann hätte sich der Kläger an den dritten Verursacher halten müssen.
Das Honorar von Architekten und Ingenieuren richtet sich nunmehr nach der Vereinbarung, die die Vertragsparteien in Textform treffen. Eine Bindung der Parteien an Mindest- und Höchstsätze besteht nach der Neufassung der HOAI (2021) nicht mehr. Das hat das OLG Düsseldorf durch Beschluss vom 07.11.2023 (22 U 153/23) klargestellt.
In dem entschiedenen Fall hatte ein Ingenieur mit Angebot von Januar 2021 detailliert verschiedene Leistungen der energetischen Fach- und Gebäudeplanung angeboten. Die einzelnen Teilpauschalen beliefen sich insgesamt auf rund 17.000 Euro. Nachdem der Bauherr das Angebot schriftlich angenommen und der Ingenieur erste Leistungen erbracht hatte, wurde der Vertrag aufgrund von Streitigkeiten der Parteien gekündigt. Mit seiner Schlussrechnung machte der Ingenieur abweichend von der Honorarvereinbarung rund 26.000 Euro geltend. Dem lag unter anderem ein Honorar für die Fachplanung von Wärmeversorgungs- und Starkstromanlagen zugrunde, das der Ingenieur nach HOAI-Mindestätzen berechnet hatte. Als der Bauherr nicht zahlte, wandte sich der Ingenieur an das Gericht.
Das OLG Düsseldorf wies die Klage ab. In seiner Begründung machte es deutlich, dass die Ansicht des Ingenieurs, er könne nach Mindestsätzen abrechnen, rechtsirrig sei. Angebot und Annahme datierten aus dem Jahr 2021. Somit sei die HOAI in ihrer seit dem 01.01.2021 geltenden Fassung anwendbar. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HOAI richte sich das Honorar nur noch nach der Vereinbarung der Vertragsparteien, wobei lediglich die Textform eingehalten werden müsse. Eine Bindung an Mindest- und Höchstsätze bestehe dagegen nicht mehr.
Man fragt sich, wie der Ingenieur auf die Idee gekommen war, den Mindestsatz einzuklagen. Sogenannte Aufstockungsklagen haben nur noch bei solchen Verträgen Sinn, die vor dem 31.12.2020 geschlossen wurden. Bis dahin war ein Architekt oder Ingenieur nur dann an die mit dem Bauherrn getroffene Honorarvereinbarung gebunden, wenn sie
- schriftlich
- bei Auftragserteilung
- innerhalb der Mindest- und Höchstsätze
erfolgt war. Diese strengen Voraussetzungen sind mit der HOAI 2021 abgeschafft worden.
Einrichtungen zur Tagespflege für Senioren dürfen nicht in Gewerbegebieten betrieben werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen mit Beschluss vom 07.08.2024 (1 BL 47/23) entschieden.
In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit ging es um einen Bauvorbescheid für eine Seniorentagespflege, die der Bauherr auf einer ehemaligen Einzelhandelsfläche betreiben wollte. Das Grundstück lag in einem Baugebiet, das durch Bebauungsplan als Gewerbegebiet festgesetzt war. In der Umgebung gab es verschiedene andere Einzelhandelsmärkte, Dienstleistungsbetriebe, Gastronomie und produzierendes Gewerbe. Das Betriebskonzept des Bauherrn sah vor, dass die Senioren morgens von zuhause in die Einrichtung geholt und dort betreut und abends wieder in ihre häusliche Umgebung zurückgebracht würden.
Das OVG wies die Klage auf Erteilung des Bauvorbescheides ab. Ein derartiges Vorhaben könne in einem Gewerbegebiet nicht zugelassen werden, und zwar auch nicht ausnahmsweise. Wohn- oder wohnähnliche Nutzungen seien mit dem Charakter eines Gewerbegebietes unvereinbar. In einer Seniorentagespflege würden den betreuungsbedürftigen Menschen Beschäftigungen wie Spielen, Singen, Basteln oder Lesen angeboten, denen sie sonst in ihrer Wohnung nachgehen würden. Insoweit sei die Tagespflegeeinrichtung gleichsam ein ausgelagerter Teil der eigenen Wohnung mit dem entsprechenden Schutzbedürfnis. Sie habe unabhängig von konkreten Immissionsbelastungen Anspruch auf ein wohnangemessenes Umfeld. Das biete ein von allgemeiner Geschäftigkeit geprägtes Gewerbegebiet, in dem der „müßige Mensch gleichsam als Fremdkörper“ erscheine, typischerweise nicht.
Die Entscheidung mag erstaunen. Die Baunutzungsverordnung erlaubt es ausdrücklich, Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise in Gewerbegebieten zuzulassen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2). Dasselbe gilt für kirchliche und kulturelle Einrichtungen oder auch Vergnügungsstätten. Diese Ausnahmemöglichkeiten würden leerlaufen, wenn der Charakter eines Gewerbegebietes ausschließlich mit solchen Nutzungen vereinbar wäre, die einer beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit dienen. Darauf scheint die Argumentation des Oberverwaltungsgerichtes jedoch hinauszulaufen.
Das Kooperationsgebot verpflichtet die Vertragspartner, bei Meinungsverschiedenheiten zunächst im Wege der Verhandlung eine Klärung und einvernehmliche Lösung zu suchen. Eine Kündigung, die gegen dieses Gebot verstößt, ist unwirksam. Das hat das OLG Koblenz am 03.12.2021 (3 U 2206/19) klargestellt.
In dem entschiedenen Fall war es zu Streitigkeiten über die Leistungspflichten und -möglichkeiten des Auftragnehmers gekommen. Auslöser waren Schwierigkeiten aus der Risikosphäre des Auftragnehmers. Konkret ging es um die Entsorgung von Baggerschlamm in einer bestimmten Deponie, mit welcher der Auftragnehmer Vorzugskonditionen ausgehandelt hatte. Der Deponiebetreiber lehnte später eine Entsorgung zu den vereinbarten Preisen ab, obgleich er sich verbindlich zur Annahme des Baggerguts bereiterklärt hatte. Daraufhin schlug der Auftragnehmer dem Auftraggeber einen Deponiewechsel vor. Da er die Eignung der anderen Deponie bezweifelte, lehnte der Auftraggeber den Vorschlag ab. Stattdessen forderte er den Auftragnehmer unter Kündigungsandrohung auf, seine Leistungsbereitschaft zu bestätigen. Dieser Aufforderung kam der Auftragnehmer fristgerecht nach, meldete jedoch Mehrkosten an. Die Mehrkostenanmeldung wies der Auftraggeber zurück und setzte dem Auftragnehmer eine Nachfrist zur Vertragserfüllung. Konkret verlangte er, den Baggerschlamm in der vereinbarten Deponie zu entsorgen. Obwohl der Auftragnehmer erneut seine grundsätzliche Leistungsbereitschaft erklärte, kündigte der Auftraggeber den Vertrag mit sofortiger Wirkung. Bereits am Folgetag beauftragte er einen anderen Unternehmer mit der Entsorgung.
Das OLG ordnet die Kündigung als verfrüht und damit vertragswidrig ein. Hierzu führt das Gericht aus, dass die Parteien eines VOB/B-Bauvertrages zur Kooperation verpflichtet seien. Aus dem Kooperationsverhältnis ergäben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information. Die Kooperationspflichten sollen u.a. gewährleisten, dass Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden. Danach wäre der Auftraggeber gehalten gewesen, vor der Kündigung und der Ersatzvornahme ein einvernehmliches Vorgehen mit dem Auftragnehmer gegenüber der Deponie anzustreben. Maßgeblich sei insoweit die ex ante-Perspektive. Danach sei nicht auszuschließen gewesen, dass die Deponie ihre Verweigerungshaltung überdacht hätte, wenn die Vertragsparteien ihr die von ihr übernommenen Verpflichtungen vor Augen geführt hätten.
Das Urteil gilt nicht nur für Bauverträge, sondern für jeden auf Dauer angelegten Werkvertrag, also insbesondere auch für Architekten- und Ingenieurverträge. Die grundsätzliche Bedeutung des Kooperationsgebots kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Beide Seiten sollten ihre Mitwirkungs- und Informationspflichten ernst nehmen und Konflikte proaktiv und möglichst gemeinsam bewältigen.
Auch wenn der Vermieter ca. 80% der Einzelhandelsflächen eines Einkaufszentrums in Büros umbaut, berechtigt dies einen Einzelhandelsmieter nicht zur Kündigung. So hat das Kammergericht in Berlin mit Urteil vom 22.05.2023 (8 U 47/22) entschieden.
In dem Fall, über den das Kammergericht zu entscheiden hatte, wehrte sich der Vermieter mit Erfolg gegen eine außerordentliche Kündigung des Mieters. Der Mieter hatte fristlos gekündigt, nachdem der Vermieter ca. 80 % des ersten OG in dem erst 2018 eröffneten Einkaufszentrum in Büros umgebaut hatte. Der Umbau erfolgte, weil das Einkaufszentrum eine zu geringe Kundenfrequenz aufwies. Die Räume des Mieters blieben vollständig zugänglich und nutzbar. Der Mietvertrag enthielt keine Vereinbarungen zu einem bestimmten Charakter des Einkaufszentrums, eines bestimmten Mieterbesatzes oder der Nutzungsart anderer Mietflächen.
Der Mieter war der Ansicht, die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses sei gemäß § 543 Abs. 2 S. 1. Nr. 1 BGB wegen einer Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs, also eines Mangels der Mietsache, gerechtfertigt. Außerdem stützte er sie gemäß § 313 Abs. 3 S. 2 BGB auf eine Störung der Geschäftsgrundlage.
Diese Ansicht teilte das Kammergericht nicht. Es liege kein Mangel der Mietsache vor, weil diese dem Mieter vollständig zugänglich und nutzbar zur Verfügung gestanden habe. Auch seien keine weiteren Eigenschaften vertraglich zugesichert worden, die einen Mangel der Mietsache wegen einer geringen Besucherfrequenz oder des Umbaus in Büroflächen begründen würden.
Auch eine Störung der Geschäftsgrundlage liege nicht vor. Das setze eine Veränderung voraus, die nicht eindeutig in den Risikobereich einer der Parteien falle. Dass sich ein Einkaufszentrums gut entwickele, falle hingegen in den Risikobereich des Mieters, ebenso wie seine sonstigen Geschäftserwartungen. Der Mieter trage das Verwendungsrisiko für den Mietgegenstand. Das Verwendungsrisiko umfasse auch das Risiko einer Veränderung der Mieterstruktur im Umfeld des Mietobjektes.
Es kommt immer wieder vor, dass die Erwartungen von Mietern an den Erfolg eines neuen Einkaufszentrums enttäuscht werden und sie deshalb versuchen, sich vom Mietverhältnis zu lösen. Mieter sind dann oftmals überrascht, dass ihnen keine Rechte zustehen, wenn nicht ausdrücklich bestimmte Eigenschaften des Einkaufszentrums oder eine andere Form der Risikoübernahme durch den Vermieter vereinbart wurden. Das hier besprochene Urteil des Kammergerichts orientiert sich konsequent an der einschlägigen Rechtsprechung des BGH. Will der Mieter in einem solche Fall Rechte geltend machen, muss er schon bei der Vertragsverhandlung entsprechende Regelungen durchsetzen.
Es existiert kein Anscheinsbeweis dafür, dass eine feststehendermaßen abgesandte „einfache“ (ohne Empfangs- oder Lesebestätigung übermittelte) E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Damit folgt das OLG Rostock (Beschluss vom 03.04.2024 – 7 U 2/24) der vorherrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung.
In dem entschiedenen Fall hatten zwei Kaufleute eine telefonische Vertragsverhandlung geführt. Anschließend bestätigte der eine Kaufmann dem anderen das Verhandlungsergebnis – einen vermeintlichen Vertragsschluss – per E-Mail. Eine Empfangs- oder Lesebestätigung für dieses sog. kaufmännische Bestätigungsschreiben hatte der Kaufmann nicht angefordert, allerdings erhielt er auch keine Unzustellbarkeitsnachricht. Sein Geschäftspartner bestritt später, in dem Telefonat einen Vertrag geschlossen und die E-Mail erhalten zu haben. Deshalb zog der Kaufmann vor Gericht.
Dieses weist die Klage ab, weil nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen nicht vom Zugang des vermeintlichen Bestätigungsschreibens ausgegangen werden könne. Insbesondere greife hier nicht die Beweiserleichterung eines Anscheinsbeweises. Allein dass die E-Mail abgesendet wurde und der Versender keine Nachricht über die Unzustellbarkeit erhalten habe, begründe keinen Anscheinsbeweis für den Zugang einer „einfachen“ E-Mail. Das stützt das Gericht auf die Überlegung, dass der Zugang jedenfalls unter den gegenwärtigen technischen Bedingungen (noch) nicht in einem Maße typisch sei, dass eine entsprechende Beweiserleichterung gerechtfertigt wäre. Auch könne der Zugang einer E-Mail nicht dadurch bewiesen werden, dass der vermeintliche Adressat selbst seinen E-Mail-Account zu Beweiszwecken zur Verfügung stellen müsse.
Dem rechtlichen Laien mag es in unserer modernen Welt verwunderlich scheinen, dass man mittels der Versandbestätigung einer E-Mail nicht ihren Zugang, sondern nur deren Versendung beweisen kann. Ein wenig mehr Rechtssicherheit bietet schon die Versendung per Fax; hier kann zwar durch Vorlage des Sendeprotokolls auch noch kein Zugangsnachweis geführt werden. Aber immerhin entfaltet der „OK“-Vermerk eines Sendeberichts eine gewisse Indizwirkung für den Zugang des Faxes. Daher genügt es beim Fax-Versand – anders, als bei der „einfachen“ E-Mail – nicht, wenn der Empfänger lediglich dessen Zugang bestreitet. Vielmehr muss er plausibel darlegen, weshalb er das Fax nicht erhalten haben will. Diese Beweisprobleme stellen sich beim „Einwurf-Einschreiben“ nicht. Deshalb ist diese Versandart bei wichtigen Erklärungen das Mittel der Wahl.
Eine Klausel in einem Mietvertrag, die den Versand der Kündigung durch eingeschriebenen Brief fordert, ist regelmäßig dahin auszulegen, dass der Zugang auch anderweitig nachgewiesen werden kann und die Versandart keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung ist. Das hat das OLG Köln mit Urteil vom 12.4.2019 (1 U 82/18) entschieden.
In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Mieter von Gewerberäumen das Mietverhältnis per einfachem Brief gekündigt. Der Mietvertrag enthielt zu Kündigungen die folgende Klausel:
„Die Kündigung muss schriftlich durch Einschreibebrief an den Vermieter erfolgen.“
Der Vermieter widersprach der Kündigung „aus formellen Gründen“ ebenfalls per Brief. Zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung berief er sich darauf, dass die Kündigung nicht per Einschreiben erfolgt sei. Ohne Erfolg, wie das OLG Köln entschied.
Die streitgegenständliche Vertragsklausel, so das OLG Köln, beinhalte die Abrede der Schriftform für die Kündigungserklärung und zusätzlich die Vereinbarung der besonderen Übersendungsart durch einen eingeschriebenen Brief. Bei einer solchen Klausel sei nur die Schriftform von formeller Bedeutung für die Wirksamkeit der Kündigung, während die Versendung als Einschreiben nur den Zugang der Kündigungserklärung sichern solle. Der Zugang könne auch in anderer Weise wirksam erfolgen.
Anhand der Formulierung der Vertragsklausel könnte man hier auf den ersten Blick annehmen, zur Wirksamkeit der Kündigung sei auch die Versendung per Einschreiben erforderlich. Dem erteilt das OLG Köln zurecht eine Absage, da ein Einschreiben grundsätzlich nur dem Beweis des Zugangs dient. Dass dies hier anders sein sollte, lässt sich der zitierten Vertragsklausel nicht entnehmen. Anders kann es sein, wenn sich aus dem Vertrag ausdrücklich ergibt, dass die Art der Versendung für die Wirksamkeit der Kündigung entscheidend sein soll.
Um einen Auftrag bei einer freien Kündigung des Auftraggebers als „Füllauftrag“ bewerten zu können, muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung und dem Ersatzauftrag bestehen. Das hat das OLG Celle mit Beschluss vom 21.02.2023 (4 U 4/22) bestätigt.
In dem Fall, über den das OLG zu entscheiden hatte, hatte der Auftraggeber eines Bauvertrages über Innenausbauleistungen den Vertrag frei gekündigt. Der Auftragnehmer verlangte daraufhin die vereinbarte Vergütung. Der Auftraggeber vertrat die Ansicht, der Auftragnehmer müsse sich auf die vereinbarte Vergütung Einkünfte aus Aufträgen anrechnen lassen, die er zum Zeitpunkt der Kündigung bereits angenommen hatte. Dabei handele es sich, so der Auftraggeber, nämlich um anderweitige Einkünfte, die der Auftragnehmer ohne die Kündigung nicht habe erzielen können.
Zu Unrecht, wie das OLG Celle entschied. Ein Auftrag sei nur dann ein anzurechnender Füllauftrag, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Auftrag und der Kündigung bestehe. Dass der Auftragnehmer neben dem gekündigten Auftrag noch andere Aufträge zur parallelen Bearbeitung angenommen habe, mache diese noch nicht zu anrechenbaren „Füllaufträgen“, die auf das vereinbarte Honorar anzurechnen seien.
Zurecht schiebt das OLG der Argumentation des Auftraggebers einen Riegel vor. Handelt es sich um eine freie Kündigung, also um eine Kündigung, die nicht durch ein Fehlverhalten des Auftragnehmers begründet ist, steht diesem grundsätzlich die volle Vergütung zu. Werden durch die Kündigung allerdings Kapazitäten frei, die er zur Annahme neuer Aufträge nutzt, muss er sich diese anrechnen lassen. Das war hier gerade nicht der Fall.
Stellt eine Gemeinde den Entwurf für einen Bebauungsplan einen Tag später als angekündigt ins Internet, führt das zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Dies hat das OVG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 02.11.2023 (1 KN 11/19) entschieden.
In dem Fall wandten sich Anwohner mit einem Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan für ein neues Wohngebiet. Neben verschiedenen inhaltlichen Bedenken machten sie einen formalen Einwand geltend: Der Bauleitplan war einen Tag später auf der Website der Gemeinde verfügbar gewesen, als diese in ihrer Bekanntmachung angekündigt hatte. Die Gemeinde räumte das ein. Sie argumentierte jedoch, dass die Unterlagen die vorgeschriebene Zeit von mindestens 30 Tagen öffentlich einsehbar gewesen sein. Die Dauer der Veröffentlichung sei entscheidend, nicht ihr Beginn.
Das OVG wies die Argumentation der Gemeinde zurück. Nach seiner Auffassung hat die Veröffentlichung der Unterlagen im Internet die gleiche Funktion wie die Auslegung in den Amtsräumen. Demnach müsse auch während der gesamten offiziellen Auslegungszeit über das Internet auf die Unterlagen zugegriffen werden können. Indem die Gemeinde die Unterlagen einen Tag später im Internet veröffentlichte, verstieß sie gegen ihre selbst bekanntgegebene Auslegungszeit. Zwar sei eine Abweichung von einem Tag „marginal“, jedoch gelte vor dem gesetzlichen Ziel eines „einfachen und effektiven Zugangs der Öffentlichkeit“ ein strenger Maßstab an ein ordnungsgemäßes Online-Beteiligungsverfahren. Die Öffentlichkeit müsse darauf vertrauen können, dass die bekanntgegebenen Fristen für die Öffentlichkeitsbeteiligung eingehalten werden.
Gerade kleineren Gemeinden unterlaufen im Bebauungsplanverfahren hin und wieder Formfehler, die fatale Folgen haben können. Um die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes zu verhindern, sollten Verfahrensschritte, die möglicherweise schiefgegangen sind, zur Sicherheit wiederholt werden. Dies gilt, wie die Entscheidung zeigt, auch dann, wenn es zu Verzögerungen oder sonstigen Pannen bei der Veröffentlichung im Internet gekommen ist.