Rechtsanwalt
Jobst Melcher
Jobst Melcher ist Spezialist im gewerblichen Mietrecht und im privaten Baurecht.

Über mich
Vita
1996 Erstes juristisches Staatsexamen in Osnabrück
1996-1998 Referendariat in Essen und Utrecht
1998 Zweites juristisches Staatsexamen in Düsseldorf
1998 Zulassung als Rechtsanwalt in Kleve
1998 – 2001 Rechtsanwalt bei Strick Rechtsanwälte & Steuerberater, Kleve
2001 – 2004 Rechtsanwalt bei Houthoff, Rotterdam
2004 – 2010 Leiter Recht Deutschland bei Multi Development, Duisburg
2010 – 2019 Leiter Recht Deutschland bei Corio/Klépierre, Duisburg
Seit 2019 Rechtsanwalt und Geschäftsführer bei recht planbar Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
2021 Abschluss des Fachanwaltslehrgangs Bau- und Architektenrecht
Seit 2025 Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter der recht planbar Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Mitgliedschaften
- Mitglied des Deutschen Anwaltvereins (DAV) e.V.
- Mitglied der Deutsch-Niederländischen Rechtsanwaltsvereinigung e.V.
- Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.
Sonstiges
- Englische und niederländische Sprachkenntnisse
Aktuelles
Eine Klausel, welche die Fälligkeit des Übereignungsanspruchs von der Zahlung des „gesamten Kaufpreises“ abhängig macht, benachteiligt den Erwerber unangemessen und ist deshalb unwirksam. Darauf hat das OLG Düsseldorf mit einem Beschluss vom 25.02.2025 (22 U 106/24) hingewiesen.
In dem Fall hatte der Kläger als Verbraucher durch einen notariellen Standard-Bauträgervertrag eine Eigentumswohnung und dazu einen Tiefgaragenstellplatz erworben. Die Übergabe der Wohnung und des Stellplatzes war erfolgt und der Erwerbspreis bis auf die letzte vereinbarte Teilzahlung getilgt. Diese letzte Rate des Erwerbspreises wurde erst bei vollständiger Fertigstellung fällig. Der Kläger hatte die letzte Rate noch nicht bezahlt, weil die Tiefgarage wegen einer zu engen Zufahrt zu den Stellplätzen mangelhaft war. Der Kläger verlangte Umschreibung des Eigentums an der Wohnung und dem Stellplatz im Grundbuch. Der Bauträgervertrag enthielt dazu die folgende Klausel:
„Zur Sicherung der Zahlung des Kaufpreises vereinbaren die Beteiligten, dass der Verkäufer solange Eigentümer des Kaufobjektes bleibt, bis die Zahlung des gesamten Kaufpreises einschließlich etwa fällig werdender Zinsen und einschließlich der Kosten für Sonderwünsche und einschließlich der Kosten für die von dem Käufer nach Vertragsabschluss geäußerten Sonderwünsche erfolgt oder sichergestellt ist.“
Der beklagte Bauträger berief sich auf die vorstehende Klausel und war nur gegen Stellung einer Sicherheit oder vollständige Zahlung zur Übereignung bereit. Dem widersprach das OLG. Die verwendete Klausel sei als allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, da sie den Erwerber unangemessen benachteilige. Die Übertragung des Eigentums dürfe nicht verweigert werden, wenn die vollständige Zahlung des Erwerbspreises aus Gründen unterbleibe, die der Bauträger zu vertreten habe. Da das Zurückbehaltungsrecht des Erwerbers aus § 641 Abs. 3 BGB den Betrag der letzten Rate abdecke, bestehe der Übereignungsanspruch.
Oftmals wird angenommen, bei Standardklauseln in notariellen Verträgen könne es sich nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen einer der Vertragsparteien handeln. Diese müssten schließlich von einer Partei des Vertrages in diesen eingeführt („gestellt“) werden. Das ist, jedenfalls bei Verträgen von Unternehmern mit Verbrauchern, nicht der Fall. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB enthält nämlich die Fiktion, dass allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt gelten, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Dass eine Vertragsbedingung aus einem vom beurkundenden Notar verwendeten Muster stammt, ist daher in Verbraucherverträgen unbeachtlich.
Sofern nichts anderes vereinbart ist, hat der Erwerber eines Tiefgaragenstellplatzes keinen Anspruch darauf, mit einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug ohne Korrekturzüge ein- und ausparken zu können, den Stellplatz vorwärts ansteuern und vorwärts ohne Korrekturzug einparken zu können oder eine Wendemöglichkeit in unmittelbarer Nähe seines Stellplatzes nutzen zu können. Der geschuldete Standard der mittleren Art und Güte ist erst unterschritten, wenn das Ein- und Ausparken die Grenze des Zumutbaren mit einem durchschnittlichen Fahrzeug und durchschnittlichen Fahrkünsten überschreitet. Das hat das Kammergericht mit Urteil vom 12.03.2025 (21 U 138/24) entschieden.
In dem Fall hatte der Erwerber einer neuen Eigentumswohnung eine Kaufpreisminderung wegen der Beschaffenheit des miterworbenen Tiefgaragenstellplatzes verlangt. Um den Stellplatz zu erreichen, musste er von der Ein- und Ausfahrtrampe ca. 30 m weit fahren, wobei er zweimal vor- und zurück rangieren musste. Nach Auffassung des Erwerbers war der Rangieraufwand unverhältnismäßig hoch und der Stellplatz mangelhaft.
Der verkaufende Bauträger sah das anders. Es sei weder vertraglich vereinbart noch entspreche es der allgemeinen Erwartung, dass jeder Stellplatz ohne Rangieren erreichbar sei. Eine übliche und zumutbare Nutzbarkeit bestehe auch dann, wenn ein Stellplatz nur durch Rückwärtsfahren erreicht werden könne. Es sei auch nicht vereinbart, dass sich der Stellplatz für besonders große Fahrzeuge eignen müsse.
Dem widersprach das Kammergericht. Da der Kaufvertrag keine weitergehende Beschreibung enthalte, schulde der Verkäufer einen Stellplatz, der für den Zweck des Ein- und Ausparkens den Standard der mittleren Art und Güte erreiche. Dass sei hier nicht der Fall. Eine Gebrauchsmöglichkeit mittlerer Art und Güte setze zumindest eine sichere und nutzerfreundliche Variante für einen durchschnittlichen Fahrer mit durchschnittlichem Fahrzeug voraus. Vorliegend liege eine solche nutzerfreundliche Variante hingegen nur mit einem Kleinwagen vor.
Die Beschaffenheit und Erreichbarkeit von PKW-Stellplätzen in Tiefgaragen ist häufiger Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Bauträger haben naturgemäß Interesse daran, auf der vorhandenen Grundstücksfläche möglichst viele Stellplätze verkaufen zu können. Dieses Interesse findet seine Grenze, wenn die Nutzbarkeit leidet. Wie das Kammergericht festgestellt hat, ist die Grenze ohne entsprechende Vereinbarungen jedenfalls dann erreicht, wenn sich ein Stellplatz nur noch mit Kleinwagen vernünftig erreichen lässt. Bauträgern ist daher zu empfehlen, die Grenzen der Nutzbarkeit problematischer Stellplätze im Kaufvertrag ausdrücklich zu vereinbaren.
Stellt ein Vermieter von Gewerberaum vor der Räumung durch den Mieter die Wasserversorgung ab, kann der Mieter hiergegen aus Treu und Glauben vorgehen, wenn er sowohl den Mietzins als auch die Betriebskostenvorauszahlungen weiterhin leistet. Das hat das OLG Hamburg mit Urteil vom 05.02.2025 (4 U 95/24) entschieden.
In dem Fall hatte der Vermieter die Kündigung des Mietvertrages erklärt. Ob das Mietverhältnis durch die Kündigung des Vermieters wirksam beendet wurde, hing davon ab, ob der Mieter eine Verlängerungsoption seines Mietvertrages wirksam ausgeübt hatte oder nicht. Der Mieter widersprach der Kündigung und nutzte den Mietgegenstand weiter. Daraufhin verlangte der Vermieter gerichtlich die Räumung des Mietgegenstandes. Außerdem stellte er dem Mieter das Wasser ab, obwohl dieser die Miete und die Nebenkostenvorauszahlungen weiterzahlte. Der Mieter beantragte eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel, den Vermieter zu zwingen, die Wasserversorgung des Mietgegenstandes wieder aufzunehmen.
Nachdem die Vorinstanz dem Antrag des Mieters stattgegeben hatte, bestätigte auch das OLG Hamburg diese Entscheidung unter Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BGH. Grundsätzlich ende zwar mit der Beendigung eines Mietvertrages auch die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 Abs. 1 BGB. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben könnten einzelne Verpflichtungen des Vermieters aber auch noch nach der Vertragsbeendigung fortbestehen. Dazu könne auch die Pflicht zur Erbringung von Versorgungsleistungen gehören. Für Gewerberaummietverhältnisse könnten sich solche nachvertraglichen Pflichten im Einzelfall aus besonderen Belangen des Mieters ergeben. Dazu gehörten auch Fälle, in denen der Mieter im Streit um die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung mit nachvollziehbaren Erwägungen davon ausgehen durfte, weiter zum Besitz berechtigt zu sein. So sei es hier.
Allerdings, so das OLG, lasse sich eine solche Verpflichtung nur rechtfertigen, wenn sie berechtigten Interessen des Vermieters nicht in einer Weise zuwiderlaufe, die ihm die weitere Leistung unzumutbar macht. Das sei insbesondere der Fall, wenn der Mieter nicht mehr zahle und der Vermieter die Versorgungsleistungen mangels Vorauszahlungen des Mieters auf eigene Kosten erbringen müsste.
Wenn ein Mietverhältnis gekündigt wurde und der Mieter nicht von selbst auszieht, stellen sich Vermieter oftmals die Frage, ob sich der Verbleib für den Mieter nicht möglichst unattraktiv gestalten lässt. Dem hat der BGH mit der hier vom OLG Hamburg in Bezug genommen Rechtsprechung zumindest teilweise einen Riegel vorgeschoben.
Mit dem Beginn des Jahres 2025 ist das vierte Bürokratieentlastungsgesetz in Kraft getreten. Das Gesetz zielt darauf ab, den bürokratischen Aufwand von Unternehmen zu verringern. Dazu wurde unter anderem die bislang vorgeschriebene Schriftform für Mietverträge mit fester Laufzeit von mehr als einem Jahr durch die nun vorgeschriebene Textform ersetzt. Wird gegen die Textform verstoßen, hat dies die gleichen Folgen, wie bislang der Verstoß gegen die Schriftform. Der Vertrag gilt dann als „auf unbestimmte Zeit“ abgeschlossen und kann – ungeachtet der vereinbarten Laufzeit – mit gesetzlicher Frist gekündigt werden. Bei Verträgen über Geschäftsräume gilt dazu in der Regel eine Frist von sechs Monaten zum Quartalsende.
Was bedeutet die Änderung für die Praxis? Im Gegensatz zur bislang geltenden Schriftform verlangt die nun erforderliche Textform keine eigenhändig unterzeichnete Vertragsurkunde mehr, in der alle wesentlichen Regelungen des Vertrages enthalten sind. Stattdessen genügen nun lesbare Erklärungen auf einem dauerhaften Datenträger, welche die Verfasser und die wesentlichen Vertragsinhalte enthalten, etwa eine E-Mail-Konversation der Vertragsparteien oder eine zwischen Ihnen per E-Mail ausgetauschte PDF-Datei des Mietvertrages. Möglich wird so auch der Abschluss langfristiger Mietverträge durch einfache elektronische Unterzeichnung. Bislang war eine qualifizierte elektronische Unterzeichnung erforderlich, also eine Signatur, die durch eine staatlich dazu bestimmte Stelle verifiziert wird.
Es liegt auf der Hand, dass der Wegfall der Papierurkunden zu einer erheblichen Erleichterung und Beschleunigung beim Vertragsabschluss und bei der Vertragsänderung führt. Allerdings empfiehlt es sich auch weiterhin, an der Einheitlichkeit einer Mietvertragsurkunde festzuhalten. Auch weiterhin sollten also alle wesentlichen Vertragsinhalte in einem Dokument geregelt sein und in Vertragsanlagen und Nachträgen sollte Bezug auf einander genommen werden. Dies dient neben der sicheren Einhaltung der Textform dem Vertragsmanagement. Einheitliche Vertragsdokumente lassen sich im Alltag besser handhaben als eine Vielzahl von Erklärungen, Plänen und sonstigen Dokumenten. Nicht zuletzt sollte es auch der leichteren Verkäuflichkeit einer Immobilie dienen, wenn gut strukturierte und übersichtliche Mietvertragsdokumente vorgelegt werden können.
Wer ein Telefonat heimlich mitgehört hat, kann später vor Gericht nicht als Zeuge zu dessen Inhalt aussagen. Das hat das LG Konstanz mit Urteil vom 11.12.2023 (A 61 S 10/23) entschieden.
In dem Fall, einem Streit um Mietzahlungen für eine Wohnung, wollte der Kläger ein Telefonat und dessen Inhalt beweisen. In einem Telefonat sollten die Beklagten nach Darstellung des Klägers die Übernahme der Mietwohnung grundlos verweigert haben. Daher, so der Kläger, schuldeten die Beklagten auch ohne Einzug in die Wohnung Miete. Als Beweismittel führte der Kläger eine Zeugin an, die das heimlich laut gestellte Telefonat mitgehört habe.
Das Gericht lehnte die Vernehmung der Zeugin zu dem Telefonat ab. Etwaige Aussagen der Zeugin zum Telefonat und dessen Inhalt dürften im Gerichtsverfahren nicht verwertet werden. Eine solche Verwertung sei mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der „belauschten“ Personen nicht zu vereinbaren. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob es sich bei den „erlauschten“ Informationen selbst um personale oder gar persönlichkeitssensible Daten handele.
Auch im geschäftlichen Umfeld wird gelegentlich erwogen, Telefonate heimlich aufzuzeichnen oder durch Zeugen mithören zu lassen. Aus den hier vom Gericht angeführten Gründen ist das regelmäßig sinnlos, da entsprechende Aufnahmen oder Zeugenaussagen gerichtlich nicht verwertet werden dürfen. Das Persönlichkeitsrecht umfasst auch das Recht am gesprochenen Wort und insbesondere auch das Recht, darüber zu bestimmen, wem die verbal geäußerten Inhalte zugänglich sein sollen.
Nur in besonderen Ausnahmefällen kann etwas anderes gelten. Dann müssen erhebliche Interessen dem Schutz des gesprochenen Wortes vorgehen. Dass ist beispielsweise der Fall, wenn es um den Beweis erpresserischer Drohungen geht. Wird mit dem gesprochenen Wort zugleich eine Straftat begangen, sind die entsprechenden Inhalte nicht schutzwürdig. Das Interesse, die Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Forderung zu beweisen, vermag eine solche Ausnahme hingegen nicht zu rechtfertigen.
Das Recht, aus einer Mietbürgschaft Zahlung zu verlangen, richtet sich im Zweifel nicht nach der Bezeichnung in der Bürgschaftsurkunde, sondern nach der Vermieterstellung. Das hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 20.12.2023 (3 U 129/23) entschieden.
In dem Fall verlangte der Vermieter eines Gewerberaummietvertrages von der Mietbürgin – einer Versicherung – die Zahlung wegen Rückständen des Mieters. In der Bürgschaftsurkunde war der Vermieter als Berechtigter nicht ausdrücklich genannt, sondern die für das Mietobjekt zuständige Hausverwaltung. Der Mietvertrag und sein Mietgegenstand waren aber so genau bezeichnet, dass über das zugrundeliegende Mietverhältnis kein Zweifel bestand.
Die Bürgin war der Ansicht, dem Vermieter keine Zahlung aus der Bürgschaft zu schulden, da dieser in der Vertragsurkunde nicht als Gläubiger genannt sei. Das sah das OLG Frankfurt anders.
Nach dem Inhalt der Bürgschaftserklärungen stehe dem Vermieter die Forderung aus der Bürgschaft zu. Dass er nicht ausdrücklich als begünstigter Gläubiger genannt sei, ändere daran nichts. Die Bürgschaft sei vielmehr so auszulegen, dass die Bürgin sich bereit erklärt habe, an den betreffenden Vermieter zu zahlen.
Die Bürgin müsse die Bürgschaftserklärung so gegen sich gelten lassen, wie sie bei Berücksichtigung der für den Vermieter erkennbaren Umstände objektiv aufzufassen sei. Die Begleitumstände müssten in die Auslegung einbezogen werden, wenn sie für den Vermieter einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die Eintragung des Verwalters sei insofern nicht ausschlaggebend. Er könne offensichtlich nicht als Berechtigter gemeint sein, da er nicht Partei des Mietvertrages sei und daher nie Ansprüche aus dem Vertrag haben könne, die mit der Bürgschaft gesichert werden sollten. Weil das besicherte Mietverhältnis hier völlig eindeutig bezeichnet wurde, bestehe kein Zweifel daran, dass der Vermieter Berechtigter aus der Bürgschaft sein sollte.
Obwohl die Ungenauigkeiten in der Bürgschaftsurkunde hier nicht zum Tragen kamen, sollte man als Vermieter bei der Annahme von Mietbürgschaften immer sehr genau auf deren Inhalt achten. Denn auch in anderen Fällen entspricht der Inhalt der Bürgschaftsurkunde nicht den Vereinbarungen des Mietvertrages. Entsprechende Fehler geschehen zum Beispiel, weil Muster des Bürgen genutzt werden. Akzeptiert der Vermieter eine Bürgschaft, die vom Vertrag abweicht, kann darin eine stillschweigende Änderung des Mietvertrages liegen. Diese kann wiederum die gesetzliche Schriftform verletzen mit der Folge, dass der Mietvertrag vor dem Ablauf der vereinbarten Festlaufzeit kündbar ist (§§ 578, 550 BGB).
Dass der Gesetzgeber die gesetzliche Schriftform durch die gesetzliche Textform ersetzen will, ändert daran nichts. Denn eine stillschweigende Vertragsänderung erfüllt auch keine Textform.
Die erhebliche Verlängerung der Gewährleistung für bestimmte Teile eines Werkes bedeutet nicht, dass der Werkunternehmer unter allen Umständen für deren Bestand einstehen will. Darauf hat das OLG München mit Beschluss vom 23.07.2024 (27 U 213/24 Bau) hingewiesen.
In dem Fall ging es um Ansprüche wegen Mängeln aus einem im Jahr 1997 geschlossenen Hausbauvertrag über ein Wohnhaus in Holzständerbauweise. Der Vertrag enthielt die folgende Klausel:
„Die Gewährleistungsfrist richtet sich nach VOB und beträgt 2 Jahre ab Abnahme bzw. Einzug. Auf konstruktive Teile beträgt die Gewährleistungsfrist 30 Jahre unter der Voraussetzung, dass die Ausbaurichtlinien des Herstellers (Bauhandbuch) eingehalten und auch keine anderen Materialien als vom Hersteller empfohlen verwendet werden. […]“
Das Haus wurde noch im Jahr 1997 fertiggestellt und abgenommen. 2010 wandte sich der Besteller erstmals wegen Rissen in der Fassade an den Unternehmer. Dieser verwies auf den Ablauf der Gewährleistung. 2021 wandte sich der Besteller erneut an den Unternehmer und rügte den Zustand des Gebäudes. Durch Undichtigkeiten der Fassade sei Wasser eingedrungen und habe die tragende Konstruktion des Hauses beschädigt. Der Unternehmer war nicht bereit, sich an der Beseitigung der Schäden zu beteiligen. Er verwies erneut auf den Ablauf der Gewährleistungsfrist für Schäden an der Fassade.
Daraufhin ließ der Besteller die Schäden durch Dritte beseitigen und verlangte von dem Unternehmer Kostenersatz. Er war der Meinung, seine Gewährleistungsansprüche seien nicht verjährt, da der Unternehmer nach dem Vertrag eine 30-jährige Garantie für alle konstruktiven Teile abgegeben habe.
Dem folgte das OLG nicht. Der Besteller lege den Vertrag so weit aus, dass letztlich jeder Mangel an dem errichteten Haus zur Haftung führe, wenn es zu Schäden an konstruktiven Teilen gekommen sei. Das gehe über eine reine Beschaffenheitsvereinbarung hinaus und unterstelle dem Unternehmer einen Garantiewillen, wonach er unter allen Umständen für den Bestand der konstruktiven Teile einstehen wolle. Das sei hier jedoch nicht anzunehmen. Es handele sich nur um eine Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungspflicht für die Beschaffenheit der konstruktiven Teile. Diese Teile waren aber für sich genommen nicht mangelhaft, sondern lediglich von der durch die Fassade eindringenden Feuchtigkeit beschädigt worden.
Das OLG wies hier völlig zurecht darauf hin, dass nach den Umständen des Einzelfalls keine Haftung mehr anzunehmen war. Unabhängig davon ist beim Umgang mit „Garantie“-Erklärungen aber immer Vorsicht geboten. Schnell ist eine unbedachte Erklärung doch als eine weitgehende Zusage zu verstehen. Von einem Anpreisen der eigenen Leistungen ist es dann oft nicht weit zu einer umfassenden Haftung.
Die Funktionsfähigkeit eines Werkes kann schon beeinträchtigt und das Werk daher mangelhaft sein, wenn das Risiko eines Gefahreintritts besteht. Das hat das OLG Stuttgart mit Urteil vom 18.09.2023 (10 U 15/23) entschieden.
In dem Fall, über den das OLG zu entscheiden hatte, hatte ein Unternehmer Abwasserleitungen für zwei benachbarte Häuser erstellt. In dem Leitungssystem hatte er sein Werkzeug vergessen. Diese Abwasserleitungen wurden zunächst für beide Häuser separat geführt und dann in einer gemeinsamen Leitung in Richtung des öffentlichen Abwasserkanals vereinigt. Das vergessene Werkzeug führte im gemeinsamen Leitungsabschnitt zu einer Verstopfung. In der Folge kam es zu einem Wasserschaden in einem der angeschlossenen Häuser. Der geschädigte Eigentümer verklagte den Auftragnehmer auf Schadenersatz. Ob das Werkzeug in dem gemeinsamen Teil der Leitung vergessen wurde, oder aus einem der separaten Abschnitte dorthin gespült wurde, ließ sich nicht mehr feststellen.
Der Auftragnehmer vertrat die Ansicht, keinen Ersatz des Schadens zu schulden. Es stehe schließlich nicht fest, in welchem Leitungsabschnitt er das Werkzeug vergessen worden sei. Das Werkzeug könne auch über den Leitungsteil des Nachbarn in das gemeinsame Abwasserrohr gelangt sein. Für den Leitungsteil des Nachbarn bestehe aber kein Werkvertrag zwischen ihm und dem geschädigten Eigentümer, so dass auch keine Mängelgewährleistung geschuldet werde.
Zu Unrecht, wie das OLG entschied. Die Funktionsfähigkeit eines Werkes könne schon dann beeinträchtigt und das Werk daher mangelhaft sein, wenn der Werkunternehmer das Risiko eines Gefahreintritts begründet habe. Diesen treffe eine vertragliche Nebenpflicht, die Funktion der einen Rohrleitung nicht durch Fehler bei der Errichtung einer anderen Rohrleitung zu gefährden. Der Auftragnehmer habe daher auch die separate Abwasserleitung des Nachbarhauses so errichten müssen, dass davon keine Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Leitung des Klägers ausgehe.
Völlig zurecht erteilt das OLG dem Versuch des Werkunternehmers eine Absage, sich der Haftung zu entziehen. Etwas anderes würde natürlich gelten, wenn das Werk, von dem die Gefahr für ein anderes Werk ausgeht, nicht von demselben Unternehmer errichtet wurde. Dann hätte sich der Kläger an den dritten Verursacher halten müssen.
Auch wenn der Vermieter ca. 80% der Einzelhandelsflächen eines Einkaufszentrums in Büros umbaut, berechtigt dies einen Einzelhandelsmieter nicht zur Kündigung. So hat das Kammergericht in Berlin mit Urteil vom 22.05.2023 (8 U 47/22) entschieden.
In dem Fall, über den das Kammergericht zu entscheiden hatte, wehrte sich der Vermieter mit Erfolg gegen eine außerordentliche Kündigung des Mieters. Der Mieter hatte fristlos gekündigt, nachdem der Vermieter ca. 80 % des ersten OG in dem erst 2018 eröffneten Einkaufszentrum in Büros umgebaut hatte. Der Umbau erfolgte, weil das Einkaufszentrum eine zu geringe Kundenfrequenz aufwies. Die Räume des Mieters blieben vollständig zugänglich und nutzbar. Der Mietvertrag enthielt keine Vereinbarungen zu einem bestimmten Charakter des Einkaufszentrums, eines bestimmten Mieterbesatzes oder der Nutzungsart anderer Mietflächen.
Der Mieter war der Ansicht, die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses sei gemäß § 543 Abs. 2 S. 1. Nr. 1 BGB wegen einer Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs, also eines Mangels der Mietsache, gerechtfertigt. Außerdem stützte er sie gemäß § 313 Abs. 3 S. 2 BGB auf eine Störung der Geschäftsgrundlage.
Diese Ansicht teilte das Kammergericht nicht. Es liege kein Mangel der Mietsache vor, weil diese dem Mieter vollständig zugänglich und nutzbar zur Verfügung gestanden habe. Auch seien keine weiteren Eigenschaften vertraglich zugesichert worden, die einen Mangel der Mietsache wegen einer geringen Besucherfrequenz oder des Umbaus in Büroflächen begründen würden.
Auch eine Störung der Geschäftsgrundlage liege nicht vor. Das setze eine Veränderung voraus, die nicht eindeutig in den Risikobereich einer der Parteien falle. Dass sich ein Einkaufszentrums gut entwickele, falle hingegen in den Risikobereich des Mieters, ebenso wie seine sonstigen Geschäftserwartungen. Der Mieter trage das Verwendungsrisiko für den Mietgegenstand. Das Verwendungsrisiko umfasse auch das Risiko einer Veränderung der Mieterstruktur im Umfeld des Mietobjektes.
Es kommt immer wieder vor, dass die Erwartungen von Mietern an den Erfolg eines neuen Einkaufszentrums enttäuscht werden und sie deshalb versuchen, sich vom Mietverhältnis zu lösen. Mieter sind dann oftmals überrascht, dass ihnen keine Rechte zustehen, wenn nicht ausdrücklich bestimmte Eigenschaften des Einkaufszentrums oder eine andere Form der Risikoübernahme durch den Vermieter vereinbart wurden. Das hier besprochene Urteil des Kammergerichts orientiert sich konsequent an der einschlägigen Rechtsprechung des BGH. Will der Mieter in einem solche Fall Rechte geltend machen, muss er schon bei der Vertragsverhandlung entsprechende Regelungen durchsetzen.
Eine Klausel in einem Mietvertrag, die den Versand der Kündigung durch eingeschriebenen Brief fordert, ist regelmäßig dahin auszulegen, dass der Zugang auch anderweitig nachgewiesen werden kann und die Versandart keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung ist. Das hat das OLG Köln mit Urteil vom 12.4.2019 (1 U 82/18) entschieden.
In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Mieter von Gewerberäumen das Mietverhältnis per einfachem Brief gekündigt. Der Mietvertrag enthielt zu Kündigungen die folgende Klausel:
„Die Kündigung muss schriftlich durch Einschreibebrief an den Vermieter erfolgen.“
Der Vermieter widersprach der Kündigung „aus formellen Gründen“ ebenfalls per Brief. Zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung berief er sich darauf, dass die Kündigung nicht per Einschreiben erfolgt sei. Ohne Erfolg, wie das OLG Köln entschied.
Die streitgegenständliche Vertragsklausel, so das OLG Köln, beinhalte die Abrede der Schriftform für die Kündigungserklärung und zusätzlich die Vereinbarung der besonderen Übersendungsart durch einen eingeschriebenen Brief. Bei einer solchen Klausel sei nur die Schriftform von formeller Bedeutung für die Wirksamkeit der Kündigung, während die Versendung als Einschreiben nur den Zugang der Kündigungserklärung sichern solle. Der Zugang könne auch in anderer Weise wirksam erfolgen.
Anhand der Formulierung der Vertragsklausel könnte man hier auf den ersten Blick annehmen, zur Wirksamkeit der Kündigung sei auch die Versendung per Einschreiben erforderlich. Dem erteilt das OLG Köln zurecht eine Absage, da ein Einschreiben grundsätzlich nur dem Beweis des Zugangs dient. Dass dies hier anders sein sollte, lässt sich der zitierten Vertragsklausel nicht entnehmen. Anders kann es sein, wenn sich aus dem Vertrag ausdrücklich ergibt, dass die Art der Versendung für die Wirksamkeit der Kündigung entscheidend sein soll.