Rechtsanwältin
Kristina Eistert
Kristina Eistert ist spezialisiert auf das private Baurecht und das Architektenrecht.
Über mich
Vita
1998 Erstes juristisches Staatsexamen in Göttingen
1999-2001 Referendariat in Bad Hersfeld, Fulda und Kassel
2001 Zweites juristisches Staatsexamen in Kassel
2002 Zulassung als Rechtsanwältin in Frankfurt am Main
2002 – 2005 Rechtsanwältin bei der SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Frankfurt am Main
2005 – 2011 Rechtsanwältin bei Bornheim und Partner Rechtsanwälte, Büro Düsseldorf
2011 Selbständige Rechtsanwältin, Kanzlei recht planbar, Ratingen
Seit 2016 Rechtsanwältin und geschäftsführende Gesellschafterin der recht planbar Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
2018 Ernennung zur Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Publikationen
- Laufende Publikationstätigkeit in Fachzeitschriften (IBR und IMR)
- Mitautorin von Heinlein/Hilka, HOAI-Kommentar, Werner Verlag
Mitgliedschaften
- Mitglied des Deutschen Anwaltvereins (DAV) e.V.
- Mitglied der ARGE Baurecht
- Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.
Aktuelles
Im Rahmen der Objektüberwachung muss der Architekt kritischeren und wichtigeren Bauabschnitten erhöhte Aufmerksamkeit schenken. Dies gilt erst recht, wenn sich im Laufe der Bauausführung bereits Anhaltspunkte für Mängel gezeigt haben. In diesem Fall reicht es nicht, wenn der Architekt lediglich Stichproben durchführt. Das hat das OLG Oldenburg (Urteil vom 08.11.2022 – 2 U 10/22) klargestellt.
Ein Architekt war mit der baubegleitenden Bauüberwachung für den Bau eines Einfamilienhauses beauftragt worden. Vor Fertigstellung des Bauvorhabens kamen dem Bauherrn Zweifel an der Mangelfreiheit der Wärmedämmarbeiten. Ein Sachverständiger stellte fest, dass der Baufirma bei Ausführung der Arbeiten tatsächlich Fehler unterlaufen waren, die der Architekt hätte erkennen können und müssen. Das Gericht gab der Schadensersatzklage des Bauherren statt, weil der Architekt seine Bauüberwachungspflichten verletzt habe. Hierzu führte das OLG Oldenburg aus, dass Umfang und Intensität der geschuldeten Überwachung von den Anforderungen der Baumaßnahme sowie den konkreten Umständen abhingen. Einfache Arbeiten bedürften gar keiner Überwachung. Hingegen unterliege die Überwachung von Wärmedämmarbeiten höheren Anforderungen. Diesen Anforderungen sei der Architekt, der nur stichprobenartige Prüfungen vorgenommen habe, nicht ansatzweise gerecht geworden. Überdies hätte dem Architekten anhand der Stichproben auffallen müssen, dass die Arbeiten mangelhaft gewesen seien.
Immer wieder sehen sich mit der Objektüberwachung beauftragte Architekten den Schadensersatzansprüchen ihrer Bauherren ausgesetzt. Nicht selten haben die Bauherren mit diesen Ansprüchen Erfolg. Denn zu oft werden die Überwachungspflichten nicht erfüllt bzw. nicht ernst genug genommen. Das mag auch daran liegen, dass die Rechtsprechung die Anforderungen an die Überwachung so verschärft hat, dass sie kaum noch leistbar erscheint. Erschwerend kommt hinzu: Die geschädigten Bauherren halten sich bei einem Schaden meist nicht die ausführende Baufirma, die in erster Linie verantwortlich ist. Vielmehr nehmen sie den Architekten in Anspruch, weil dieser haftpflichtversichert ist.
Handelt ein Architekt bewusst pflichtwidrig, ist der Versicherungsschutz wegen Planungsfehlern ausgeschlossen. Bei Verletzung elementarer beruflicher Pflichten liegt immer ein bewusster Pflichtverstoß vor, weil nach der Lebenserfahrung von der Kenntnis dieser Pflichten bei jedem Architekten schlicht ausgegangen werden muss. Das hat das OLG Köln durch Beschluss vom 10.08.2023 (9 U 241/22) klargestellt.
In dem entschiedenen Fall war der Architekt 2010 mit der Sanierung eines Wohnhauses aus den 60er-Jahren beauftragt worden. Den Vorschlag des Architekten, das Haus neu abzudichten und zu dämmen, lehnte der Bauherr aus Kostengründen ab. Als bereits kurze Zeit nach der Sanierungsmaßnahme erhebliche Feuchtigkeits- und Schimmelschäden auftraten, verlangte der Bauherr vom Architekten Schadensersatz. Im Ergebnis ohne Erfolg. Hierzu führte das Gericht aus: Zwar sei die Planung des Architekten mangelhaft gewesen und hätte zu dem Schimmelpilz- und Schwammbefall geführt. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten sowohl die Bodenplatte als auch die erdberührten Außenwände im Zuge der Sanierung neu abgedichtet werden müssen. Dennoch müsse die Haftpflichtversicherung des zwischenzeitlich insolventen Architekten nicht für den dadurch entstandenen Schaden aufkommen. Es bestehe nämlich kein Haftpflichtversicherungsschutz für Ansprüche wegen solcher Schäden, die der Versicherungsnehmer durch ein bewusst pflichtwidriges Verhalten verursacht habe. Insofern war das Gericht davon überzeugt, dass der Architekt gegen elementare Berufspflichten verstoßen und daher bewusst pflichtwidrig gehandelt habe. Fundierte Kenntnisse über Bauwerksabdichtungen gehörten zum elementaren Basiswissen eines jeden planenden und bauüberwachenden Architekten.
Es ist besonders bitter: Bei einem derart gravierenden Planungsfehler, dass das Fehlen von Elementarwissen und damit ein bewusster Pflichtenverstoß auf der Hand liegen, muss keine Haftpflichtversicherung zahlen. Ist der Architekt selbst – wie hier – insolvent, bleibt der Bauherr auf seinem Schaden sitzen. Daher sollte jeder, der seinen Architekten auf Schadensersatz in Anspruch nehmen will, sorgfältig überlegen, wie er den Anspruch begründet. Für einen regulären Planungsmangel hätte die Versicherung einstehen müssen.
Das Honorar von Architekten und Ingenieuren richtet sich nunmehr nach der Vereinbarung, die die Vertragsparteien in Textform treffen. Eine Bindung der Parteien an Mindest- und Höchstsätze besteht nach der Neufassung der HOAI (2021) nicht mehr. Das hat das OLG Düsseldorf durch Beschluss vom 07.11.2023 (22 U 153/23) klargestellt.
In dem entschiedenen Fall hatte ein Ingenieur mit Angebot von Januar 2021 detailliert verschiedene Leistungen der energetischen Fach- und Gebäudeplanung angeboten. Die einzelnen Teilpauschalen beliefen sich insgesamt auf rund 17.000 Euro. Nachdem der Bauherr das Angebot schriftlich angenommen und der Ingenieur erste Leistungen erbracht hatte, wurde der Vertrag aufgrund von Streitigkeiten der Parteien gekündigt. Mit seiner Schlussrechnung machte der Ingenieur abweichend von der Honorarvereinbarung rund 26.000 Euro geltend. Dem lag unter anderem ein Honorar für die Fachplanung von Wärmeversorgungs- und Starkstromanlagen zugrunde, das der Ingenieur nach HOAI-Mindestätzen berechnet hatte. Als der Bauherr nicht zahlte, wandte sich der Ingenieur an das Gericht.
Das OLG Düsseldorf wies die Klage ab. In seiner Begründung machte es deutlich, dass die Ansicht des Ingenieurs, er könne nach Mindestsätzen abrechnen, rechtsirrig sei. Angebot und Annahme datierten aus dem Jahr 2021. Somit sei die HOAI in ihrer seit dem 01.01.2021 geltenden Fassung anwendbar. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HOAI richte sich das Honorar nur noch nach der Vereinbarung der Vertragsparteien, wobei lediglich die Textform eingehalten werden müsse. Eine Bindung an Mindest- und Höchstsätze bestehe dagegen nicht mehr.
Man fragt sich, wie der Ingenieur auf die Idee gekommen war, den Mindestsatz einzuklagen. Sogenannte Aufstockungsklagen haben nur noch bei solchen Verträgen Sinn, die vor dem 31.12.2020 geschlossen wurden. Bis dahin war ein Architekt oder Ingenieur nur dann an die mit dem Bauherrn getroffene Honorarvereinbarung gebunden, wenn sie
- schriftlich
- bei Auftragserteilung
- innerhalb der Mindest- und Höchstsätze
erfolgt war. Diese strengen Voraussetzungen sind mit der HOAI 2021 abgeschafft worden.
Das Kooperationsgebot verpflichtet die Vertragspartner, bei Meinungsverschiedenheiten zunächst im Wege der Verhandlung eine Klärung und einvernehmliche Lösung zu suchen. Eine Kündigung, die gegen dieses Gebot verstößt, ist unwirksam. Das hat das OLG Koblenz am 03.12.2021 (3 U 2206/19) klargestellt.
In dem entschiedenen Fall war es zu Streitigkeiten über die Leistungspflichten und -möglichkeiten des Auftragnehmers gekommen. Auslöser waren Schwierigkeiten aus der Risikosphäre des Auftragnehmers. Konkret ging es um die Entsorgung von Baggerschlamm in einer bestimmten Deponie, mit welcher der Auftragnehmer Vorzugskonditionen ausgehandelt hatte. Der Deponiebetreiber lehnte später eine Entsorgung zu den vereinbarten Preisen ab, obgleich er sich verbindlich zur Annahme des Baggerguts bereiterklärt hatte. Daraufhin schlug der Auftragnehmer dem Auftraggeber einen Deponiewechsel vor. Da er die Eignung der anderen Deponie bezweifelte, lehnte der Auftraggeber den Vorschlag ab. Stattdessen forderte er den Auftragnehmer unter Kündigungsandrohung auf, seine Leistungsbereitschaft zu bestätigen. Dieser Aufforderung kam der Auftragnehmer fristgerecht nach, meldete jedoch Mehrkosten an. Die Mehrkostenanmeldung wies der Auftraggeber zurück und setzte dem Auftragnehmer eine Nachfrist zur Vertragserfüllung. Konkret verlangte er, den Baggerschlamm in der vereinbarten Deponie zu entsorgen. Obwohl der Auftragnehmer erneut seine grundsätzliche Leistungsbereitschaft erklärte, kündigte der Auftraggeber den Vertrag mit sofortiger Wirkung. Bereits am Folgetag beauftragte er einen anderen Unternehmer mit der Entsorgung.
Das OLG ordnet die Kündigung als verfrüht und damit vertragswidrig ein. Hierzu führt das Gericht aus, dass die Parteien eines VOB/B-Bauvertrages zur Kooperation verpflichtet seien. Aus dem Kooperationsverhältnis ergäben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information. Die Kooperationspflichten sollen u.a. gewährleisten, dass Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden. Danach wäre der Auftraggeber gehalten gewesen, vor der Kündigung und der Ersatzvornahme ein einvernehmliches Vorgehen mit dem Auftragnehmer gegenüber der Deponie anzustreben. Maßgeblich sei insoweit die ex ante-Perspektive. Danach sei nicht auszuschließen gewesen, dass die Deponie ihre Verweigerungshaltung überdacht hätte, wenn die Vertragsparteien ihr die von ihr übernommenen Verpflichtungen vor Augen geführt hätten.
Das Urteil gilt nicht nur für Bauverträge, sondern für jeden auf Dauer angelegten Werkvertrag, also insbesondere auch für Architekten- und Ingenieurverträge. Die grundsätzliche Bedeutung des Kooperationsgebots kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Beide Seiten sollten ihre Mitwirkungs- und Informationspflichten ernst nehmen und Konflikte proaktiv und möglichst gemeinsam bewältigen.
Ein Architekt muss allenfalls über Grundkenntnisse des privaten Baurechts verfügen. Vertiefte Spezialkenntnisse sind dagegen nicht von ihm zu erwarten. Das hat das OLG Frankfurt am 02.03.2023 (21 U 69/211) klargestellt.
In dem entschiedenen Fall hatte der Bauherr den Architekten wegen mangelhafter Rechnungsprüfung in Anspruch genommen. Das Gericht verneinte einen Schadensersatzanspruch, weil der Architekt nur die bautechnischen und baubetrieblich-kalkulatorischen Voraussetzungen einer Werklohnforderung überprüfen müsse. Die Prüfungspflicht erstrecke sich also allein auf das Zahlenwerk der Rechnung. Dagegen sei es nicht Aufgabe des Architekten, die rechtlichen Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch des Bauunternehmers zu prüfen. Denn von einem Architekten seien allenfalls baurechtliche Grundkenntnisse zu erwarten. Zwar dürfe der Architekt bei der Rechnungsprüfung eine eigene Rechtsauffassung vertreten. Für deren Richtigkeit müsse der Architekt im Verhältnis zum Auftraggeber aber nicht einstehen. Allenfalls müsse der Architekten auf zweifelhafte Rechtsfragen hinweisen, so dass der Bauherr entscheiden könne, ob er dazu anwaltlichen Rat einholt.
Die Entscheidung zeigt deutlich die Grenzen der Beratungs- und Prüfpflichten von Planern im Rahmen der Rechnungsprüfung auf. Es kann nicht oft genug betont werden, dass eine allgemeine Rechtsberatung nicht vom Berufsbild des Architekten erfasst ist. Im Gegenteil wird es sich dabei meist um eine unzulässige Rechtsdienstleistung handeln. Diese ist allein Sache von Anwälten. Der Planer muss jedoch, als umfassender Sachwalter des Bauherrn, diesen rechtzeitig auf die Notwendigkeit einer anwaltlichen Beratung hinweisen.