Rechtsanwalt
Dr. Marian Klepper
Herr Dr. Klepper ist Ihr Ansprechpartner im öffentlichen Baurecht, Immobilienrecht und im gewerblichen Mietrecht.

Über mich
Vita
1997 Erstes juristisches Staatsexamen in Köln
1999-2001 Referendariat in Berlin und New York
2001 Zweites juristisches Staatsexamen in Berlin
2001 Promotion zum Dr. iur. in Bonn
2001 Zulassung als Rechtsanwalt in Berlin
2001 – 2003 Justitiar des Verbandes DIE FAMILIENUNTERNEHMER e. V., Berlin
2004 – 2015 Rechtsanwalt und – ab 2012 – Partner bei Bornheim und Partner Rechtsanwälte, Büro Düsseldorf
2010 Ernennung zum Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Seit 2016 Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter der recht planbar Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Publikationen
- Monographie „Vollzugskompetenzen der EG aus abgeleitetem Recht“, Nomos-Verlag 2001
- Laufende Publikationstätigkeit in Fachzeitschriften (NZBau, IBR, DWW, IMR)
- Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift IBR Immobilien- und Baurecht
Mitgliedschaften
- Mitglied des Deutschen Anwaltvereins (DAV) e. V.
- Mitglied der ARGE Verwaltungsrecht im DAV
- Mitglied bei DIE FAMILIENUNTERNEHMER e. V.
- Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes (DFJV)
Sonstiges
- Englische und niederländische Sprachkenntnisse
Aktuelles
Will eine Behörde ein Bauwerk unter Denkmalschutz stellen, muss sie sich nicht mit entgegenstehenden Interessen des Eigentümers auseinandersetzen. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob das Bauwerk nach seiner Unterschutzstellung noch sinnvoll genutzt oder verändert werden kann. Das hat das OVG Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 11.03.2025 (10 S 2102/24) klargestellt.
Der Entscheidung lag die Klage des Eigentümers der Bahnhof-Apotheke in Lübbecke zugrunde. Das 1979 errichtete Gebäude war durch den renommierten Architekten Natalini (1941-2020) geplant worden. Da es sich um eines der ersten Zeugnisse der Postmoderne in Deutschland handelt, hat es die Denkmalbehörde im Jahre 2022 in die Denkmalliste eingetragen. Dagegen wehrte sich der Eigentümer mit verschiedenen Argumenten. Unter anderem trug er vor, dass das Gebäude infolge der Unterschutzstellung künftig nicht mehr veränderbar wäre und ein zeitgemäßer Apothekenbetrieb unmöglich würde.
Dem trat das OVG entgegen. Das System des Denkmalschutzes sei zweistufig ausgestaltet. Es sei zu trennen zwischen der Begründung des Denkmalschutzes und seinen Wirkungen. Auf der ersten Stufe finde keine Interessenabwägung statt. Für die Eintragung in die Denkmalliste sei allein die Denkmaleigenschaft ausschlaggebend. Stehe mit der Eintragung der rechtliche Status fest, gehe es auf der zweiten Stufe um Entscheidungen über die Erhaltung, Veränderung, Nutzung oder Beseitigung des Denkmals. Dort könne sichergestellt werden, dass das Eigentumsrecht durch die Unterschutzstellung nicht unverhältnismäßig belastet werde.
Die Entscheidung bedeutet: Gebäudeeigentümer können sich allein mit dem Argument gegen eine denkmalrechtliche Unterschutzstellung wenden, dass ihr Bauwerk nicht denkmalwürdig sei. Die Erfolgsaussichten sind dabei allerdings nicht sonderlich groß. Denn die Verwaltungsgerichte neigen dazu, der fachlichen Einschätzung der Denkmalbehörden zu folgen. Ist die Eintragung erst einmal erfolgt, muss sich der Eigentümer bauliche Veränderungen in jedem Einzelfall denkmalrechtlich genehmigen lassen. Seine wirtschaftlichen und sonstigen Interessen sind erst im Rahmen dieser Entscheidung zu berücksichtigen.
In einem Einkaufszentrum sind auch Freizeiteinrichtungen wie ein Fitnessstudio zulässig, sofern sie lediglich untergeordneten Charakter haben. Dies hat das niedersächsische OVG mit Urteil vom 12.12.2024 (1 LB 93/23) entschieden.
Die Entscheidung erging in einem Rechtsstreit um einen Bauvorbescheid, mit dem der Eigentümer eines Einkaufszentrums erweiterte Öffnungszeiten für ein dort betriebenes Fitnessstudio erreichen wollte. Das OVG stellte fest, dass die Ausdehnung der Öffnungszeiten auf Sonn- und Feiertage bauplanungsrechtlich zulässig sei. Dem stehe nicht entgegen, dass der Bebauungsplan ein Sondergebiet „Einkaufszentrum“ festgesetzt habe. Einkaufszentren hätten sich von einem schwerpunktmäßig auf den Einzelhandel konzentrierten Angebot mehr und mehr zu Orten entwickelt, an denen neben dem Einkauf und seinen klassischen Verbundgeschäften auch Möglichkeiten der Freizeitgestaltung nachgefragt werden. Entsprechende Einrichtungen seien als Teil des Einkaufszentrums zulässig, sofern sie sich diesem flächenmäßig, aber auch im Hinblick auf den Aufenthaltszweck unterordneten. Entscheidend sei, dass die Motivation für den Besuch des Standorts typischerweise (auch) der Einkauf sei und so die Freizeitgestaltung in einem Zusammenhang mit dem Einkauf stehe. Dies sei etwa dann nicht mehr der Fall, wenn ein Veranstaltungszentrum eigener Art oder ein selbstständiges Freizeitangebot mit aus sich selbst heraus generierter hoher Anziehungskraft entstünde.
Im vorliegenden Fall sei das Fitnessstudio räumlich in das Einkaufszentrum integriert und ihm flächenmäßig untergeordnet. Es erreiche keine Dimension, in der es sich als von dem Einkaufszentrum abgekoppelte, eigenständige Einrichtung darstelle. Dem stehe auch die Ausdehnung der Öffnungszeiten nicht entgegen. Zwar sei an Sonn- und Feiertagen kein klassischer Einkauf möglich. Für die erforderliche Anbindung an das Einkaufszentrum reiche es jedoch aus, dass sich die Öffnungszeiten des Fitnessstudios weitgehend mit denen des Einkaufszentrums überschnitten.
Die Entscheidung ist sichtlich von dem Bemühen geleitet, den Betreibern von Einkaufszentren durch eine großzügige Auslegung des Bauplanungsrechts zu helfen. Die Betreiber sind zunehmend gezwungen, stillgelegte Einzelhandelsflächen umzunutzen, um Leerstände und Frequenzverluste zu vermeiden. Die Vermietung an Fitnessstudios stellt eine Möglichkeit dar, auf ein verändertes Einkaufsverhalten zu reagieren und Investitionsruinen zu verhindern.
Will ein Bebauungsplan durch seine Festsetzungen „möglichst viele“ Sichtbezüge zu einem See gewährleisten, kommt dem keine nachbarschützende Wirkung zu. Dies hat das OVG Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 06.11.2024 (7 A 75/23) entschieden.
Der Rechtsstreit betraf ein Bauvorhaben auf einem Seegrundstück. Der Bauherr wollte die Breite seines Wohnhauses durch einen Anbau auf 11,51 m erweitern. Der Bebauungsplan erlaubte nur eine maximale Gebäudebreite von 10,00 m. Diese Festsetzung war damit begründet worden, dass ein „zusammenhängendes geleitetes Erscheinungsbild“ entstehen und „möglichst viele Sichtbezüge“ zu dem See gewährleistet werden sollten. Die Baubehörde erteilte dem Bauherrn eine Befreiung von der Festsetzung zur Gebäudebreite, so dass er sein Vorhaben ausführen konnte. Hiergegen wendete sich ein Nachbar. Er stützte seine Klage darauf, dass seine Sicht auf den See eingeschränkt werde.
Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht (VG) hatte dem Nachbarn Recht gegeben. Es handele sich bei der Festsetzung über die Gebäudebreite um eine Gestaltungsvorschrift, welche ausnahmsweise nachbarschützenden Inhalt habe. Aus der Planbegründung ergebe sich, dass das Bebauungskonzept von möglichst vielen Grundstücken und Gebäuden aus einen Seeblick ermöglichen wolle. Durch die „Überbreite“ des Bauvorhabens werde dem Nachbarn ein Teil seiner Sichtmöglichkeiten genommen. Es seien keine Interessen des Bauherrn ersichtlich, welche diesen Eingriff in die Rechte des Nachbarn rechtfertigen könnten.
Gegen die Entscheidung rief der Bauherr das Oberverwaltungsgericht (OVG) an. Mit Erfolg: Vorschriften über das Maß der baulichen Nutzung oder die Baugestaltung hätten, so das OVG, nur ausnahmsweise nachbarschützende Wirkung. Hier gebe es keine Anhaltspunkte, dass die Festsetzungen zur Gebäudebreite eine derartige Ausnahme darstellten. Selbst wenn laut Planbegründung auch die Eigentümer bzw. Nutzer der nicht unmittelbar an den See grenzenden Baugrundstücke durch die Sichtbeziehungen von der Seelage profitieren sollten, begründe das keine einklagbaren subjektiven Rechte. Denn es handele es sich nach Überzeugung des Senats um eine „rein städtebauliche, der Allgemeinheit dienende Zielsetzung“.
Die Entscheidung betrifft einen Grenzfall. Dies wird schon daran deutlich, dass das VG und das OVG zu völlig gegensätzlichen Antworten auf die Frage gekommen sind, ob die Festsetzung Nachbarrechte begründen sollte oder nicht. Aus Sicht des OVG wäre das offenbar nur dann zu bejahen gewesen, wenn der Bebauungsplan die Blickbeziehungen von ganz bestimmten Grundstücken und nicht nur von „möglichst vielen“ aus hätte schützen wollen. Denn so war die Zielsetzung der Festsetzung zu allgemein gefasst, um einen individuell geschützten Personenkreis feststellen zu können.
Bei einem erwarteten Kaufkraftabfluss von weniger als 10 % sind keine schädlichen Auswirkungen eines Einzelhandelsbetriebs auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten. Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Urteil vom 29.08.2024 (8 S 2499/22) bestätigt.
Worum ging es? Ein Unternehmer beantragte bei der Baubehörde einen Bauvorbescheid für sein Vorhaben, einen Getränkemarkt in das Erdgeschoss eines Parkhauses einzubauen. Der Getränkemarkt sollte eine Verkaufsfläche von 790 m² haben. Auf dem Nachbargrundstück befand sich bereits ein Verbrauchermarkt mit einer Verkaufsfläche von 5000 m², zu der auch eine Getränkeabteilung gehörte. Die Baubehörde lehnte den Bauvorbescheid mit der Begründung ab, dass von dem geplanten Getränkemarkt schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten seien.
Dem folgt der VGH – anders als das erstinstanzliche Verwaltungsgericht – nicht. Er gab der Klage auf Erteilung des Bauvorbescheides statt. Zur Begründung führte der VGH aus: Schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB verlangten, dass die Funktionsfähigkeit zentraler Forschungsbereiche der Beklagten oder von Nachbargemeinden so nachhaltig gestört würden, dass sie ihren Versorgungsauftrag nicht mehr substantiell wahrnehmen könnten. Das sei hier nicht zu erwarten. „Allein mit der Möglichkeit einzelner Kundenverlagerungen mit gelegentlich auch stattfindenden Kaufkraftabschlüssen“ könnten keine schädlichen Auswirkungen begründet werden. Die Unschädlichkeit des Vorhabens werde hier durch die Auswirkungswirkungsanalyse des Verbrauchermarktbetreibers bestätigt. Danach habe der unmittelbar benachbarte Verbrauchermarkt selbst dann, wenn man eine maximale Flächenproduktivität des Getränkemarkts annähme, nur einen Umsatzrückgang von weniger als 2 % zu befürchten. Bei einem derart niedrigen Wert liege es, so der VGH, „gänzlich fern, dass in einem der zentralen Versorgungbereiche ein erheblicher Kaufkraftabfluss – von ca. 10 % oder mehr – zu erwarten sein könnte“.
Das Urteil zeigt: Die Rechtsprechung betont zwar, dass es für die Frage, ob ein Einzelhandelsvorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche habe, auf eine „Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände“ ankomme. Falls sich aber bereits aufgrund ‚harter‘ gutachterlicher Zahlen belegen lässt, dass bei den vorhandenen Betrieben kein Umsatzrückgang von mindestens 10 % zu erwarten ist, darf einem neu hinzutretenden Betrieb die Zulassung nicht verwehrt werden.
Eine Baugenehmigung für eine Wohnung deckt nicht deren Umnutzung als Praxis. Eine dagegen gerichtete Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit Beschluss vom 01.10.2024 entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Baubehörde im Jahre 2019 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Zweifamilienhauses im Außenbereich erteilt. Zu Beginn des Jahres 2021 verlegten die Hauseigentümer ihre Praxis für Naturheilverfahren in das Erdgeschoss des Gebäudes. Als die Baubehörde von der Umnutzung erfuhr, stellten die Hauseigentümer einen nachträglichen Bauantrag zur Genehmigung der Nutzungsänderung. Die Baubehörde lehnte den Bauantrag ab und ordnete die Einstellung der Praxisnutzung an. Sie erklärte den Bescheid für sofort vollziehbar und drohte ein Zwangsgeld für den Fall der Zuwiderhandlung in Höhe von 3.000 € an.
Die Hauseigentümer wendeten sich mit einem Eilantrag gegen das behördliche Vorgehen. Die Umnutzung sei – auch im Außenbereich – genehmigungsfähig, weil insoweit der Bestandschutz aus der Genehmigung des Zweifamilienhauses greife. Dem folgte der VGH nicht. Er wies den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus: Eine Nutzungsuntersagung könne bereits dann ausgesprochen werden, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, also formell illegal, genutzt werde. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion habe, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, müsse grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstoße. Es entspreche regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbinde.
Hier hätten die Hauseigentümer für die Umnutzung der Wohnung einer Baugenehmigung bedürft, so der Senat weiter. Eine Praxis liege nicht innerhalb der Variationsbreite einer Wohnnutzung, sondern weise eindeutig eine andere Zweckbestimmung auf. Die neue Nutzung berühre andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie z.B. die Stellplatzfrage, Immissionen sowie die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit und das Rücksichtnahmegebot.
Zwar könne eine Nutzungsuntersagung ausnahmsweise ermessensfehlerhaft sein, wenn die untersagte Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei. Davon könne hier aber schon deshalb nicht gesprochen werden, weil das Vorhaben im Außenbereich gemäß § 35 BauGB verwirklicht werden sollte. Die vorliegende Baugenehmigung vermittele insoweit keinen Bestandsschutz, weil sie sich nur auf die Wohnnutzung beziehe.
Dass sich das Wohnhaus im Außenbereich befand, hat die ungenehmigte Umnutzung der Räume im Erdgeschoss besonders riskant gemacht. Aber auch ohne diese Besonderheit waren die Hauseigentümer bei ihrem Vorgehen schlecht beraten. Denn es ist grundsätzlich immer mit einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung zu rechnen, wenn eine genehmigte Nutzung so geändert wird, dass sie eine andere Zweckbestimmung verfolgt. Investitionen in die neue Nutzung verfügen nur dann über eine sichere Grundlage, wenn diese bestandskräftig genehmigt ist.
Die Bauaufsicht darf auch dann bauliche Maßnahmen zur Gefahrenbeseitigung anordnen, wenn der Gebäudebestand von einer gültigen Baugenehmigung gedeckt ist. Das hat das OVG Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 20.08.2024 (7 B 486/24) bekräftigt.
Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Eine eingeschossige Tiefgarage verfügte über drei Treppenaufgänge ins Freie. Die Treppenhäuser waren von außen an die Garage angebaut und mit ihr durch offene Tür- und Fensteröffnungen verbunden. Dieser baulichen Ausführung lag ein Brandschutzkonzept vom 06.09.2017 und eine Baugenehmigung vom 15.01.2019 zu Grunde. Mit Ordnungsverfügung vom 18.01.2024 gab die Bauaufsicht dem Grundstückseigentümer auf, die Fensteröffnungen zu verschließen und Brandschutztüren in die Türöffnungen einzubauen. Der Eigentümer wehrte sich vor Gericht gegen diese nachträglichen Auflagen. Er berief sich auf Bestandschutz und argumentierte, dass die Öffnungen für die natürliche Belüftung der Tiefgarage erforderlich seien. Zudem legt er ein Brandschutzgutachten vor, wonach die Wandöffnungen ungefährlich seien.
Dem Eilantrag des Eigentümers blieb in beiden Instanzen der Erfolg verwehrt. Das OVG begründete dies so: Die Wandöffnungen verstießen gegen § 35 BauO NRW, wonach notwendige Treppenräume gegen das Eindringen von Feuer und Rauch geschützt sein müssen. Wenn es um eine Gefahr für Leben oder Gesundheit gehe, seien keine übermäßig hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts zu stellen. Daher habe die Bauaufsicht das Gefahrenpotenzial nicht auch noch fachgutachterlich bewerten müssen. Da die Ordnungsverfügung auf die Gefahrenbeseitigung gerichtet sei, stehe ihr der Bestandschutz aus der Baugenehmigung grundsätzlich nicht entgegen. Die Ordnungsverfügung sei auch nicht unverhältnismäßig. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass bei einer Schließung der Wandöffnungen eine aufwendige Belüftungsanlage installiert werden müsse. Die vom Eigentümer vorgelegten Gutachten deuteten darauf hin, dass die natürliche Belüftung auch dann noch funktioniere.
Der Fall zeigt einmal mehr auf, wie schwer es für Grundstückseigentümer ist, nachträgliche Brandschutzauflagen abzuwehren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine bauliche Ausführung – sei sie bestandsgeschützt oder nicht – von geltenden Brandschutzvorschriften abweicht. In einem solchen Fall nutzt es auch nichts, wenn Fachgutachten die Unbedenklichkeit der Abweichung bescheinigen.
Einrichtungen zur Tagespflege für Senioren dürfen nicht in Gewerbegebieten betrieben werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen mit Beschluss vom 07.08.2024 (1 BL 47/23) entschieden.
In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit ging es um einen Bauvorbescheid für eine Seniorentagespflege, die der Bauherr auf einer ehemaligen Einzelhandelsfläche betreiben wollte. Das Grundstück lag in einem Baugebiet, das durch Bebauungsplan als Gewerbegebiet festgesetzt war. In der Umgebung gab es verschiedene andere Einzelhandelsmärkte, Dienstleistungsbetriebe, Gastronomie und produzierendes Gewerbe. Das Betriebskonzept des Bauherrn sah vor, dass die Senioren morgens von zuhause in die Einrichtung geholt und dort betreut und abends wieder in ihre häusliche Umgebung zurückgebracht würden.
Das OVG wies die Klage auf Erteilung des Bauvorbescheides ab. Ein derartiges Vorhaben könne in einem Gewerbegebiet nicht zugelassen werden, und zwar auch nicht ausnahmsweise. Wohn- oder wohnähnliche Nutzungen seien mit dem Charakter eines Gewerbegebietes unvereinbar. In einer Seniorentagespflege würden den betreuungsbedürftigen Menschen Beschäftigungen wie Spielen, Singen, Basteln oder Lesen angeboten, denen sie sonst in ihrer Wohnung nachgehen würden. Insoweit sei die Tagespflegeeinrichtung gleichsam ein ausgelagerter Teil der eigenen Wohnung mit dem entsprechenden Schutzbedürfnis. Sie habe unabhängig von konkreten Immissionsbelastungen Anspruch auf ein wohnangemessenes Umfeld. Das biete ein von allgemeiner Geschäftigkeit geprägtes Gewerbegebiet, in dem der „müßige Mensch gleichsam als Fremdkörper“ erscheine, typischerweise nicht.
Die Entscheidung mag erstaunen. Die Baunutzungsverordnung erlaubt es ausdrücklich, Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise in Gewerbegebieten zuzulassen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2). Dasselbe gilt für kirchliche und kulturelle Einrichtungen oder auch Vergnügungsstätten. Diese Ausnahmemöglichkeiten würden leerlaufen, wenn der Charakter eines Gewerbegebietes ausschließlich mit solchen Nutzungen vereinbar wäre, die einer beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit dienen. Darauf scheint die Argumentation des Oberverwaltungsgerichtes jedoch hinauszulaufen.
Es existiert kein Anscheinsbeweis dafür, dass eine feststehendermaßen abgesandte „einfache“ (ohne Empfangs- oder Lesebestätigung übermittelte) E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Damit folgt das OLG Rostock (Beschluss vom 03.04.2024 – 7 U 2/24) der vorherrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung.
In dem entschiedenen Fall hatten zwei Kaufleute eine telefonische Vertragsverhandlung geführt. Anschließend bestätigte der eine Kaufmann dem anderen das Verhandlungsergebnis – einen vermeintlichen Vertragsschluss – per E-Mail. Eine Empfangs- oder Lesebestätigung für dieses sog. kaufmännische Bestätigungsschreiben hatte der Kaufmann nicht angefordert, allerdings erhielt er auch keine Unzustellbarkeitsnachricht. Sein Geschäftspartner bestritt später, in dem Telefonat einen Vertrag geschlossen und die E-Mail erhalten zu haben. Deshalb zog der Kaufmann vor Gericht.
Dieses weist die Klage ab, weil nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen nicht vom Zugang des vermeintlichen Bestätigungsschreibens ausgegangen werden könne. Insbesondere greife hier nicht die Beweiserleichterung eines Anscheinsbeweises. Allein dass die E-Mail abgesendet wurde und der Versender keine Nachricht über die Unzustellbarkeit erhalten habe, begründe keinen Anscheinsbeweis für den Zugang einer „einfachen“ E-Mail. Das stützt das Gericht auf die Überlegung, dass der Zugang jedenfalls unter den gegenwärtigen technischen Bedingungen (noch) nicht in einem Maße typisch sei, dass eine entsprechende Beweiserleichterung gerechtfertigt wäre. Auch könne der Zugang einer E-Mail nicht dadurch bewiesen werden, dass der vermeintliche Adressat selbst seinen E-Mail-Account zu Beweiszwecken zur Verfügung stellen müsse.
Dem rechtlichen Laien mag es in unserer modernen Welt verwunderlich scheinen, dass man mittels der Versandbestätigung einer E-Mail nicht ihren Zugang, sondern nur deren Versendung beweisen kann. Ein wenig mehr Rechtssicherheit bietet schon die Versendung per Fax; hier kann zwar durch Vorlage des Sendeprotokolls auch noch kein Zugangsnachweis geführt werden. Aber immerhin entfaltet der „OK“-Vermerk eines Sendeberichts eine gewisse Indizwirkung für den Zugang des Faxes. Daher genügt es beim Fax-Versand – anders, als bei der „einfachen“ E-Mail – nicht, wenn der Empfänger lediglich dessen Zugang bestreitet. Vielmehr muss er plausibel darlegen, weshalb er das Fax nicht erhalten haben will. Diese Beweisprobleme stellen sich beim „Einwurf-Einschreiben“ nicht. Deshalb ist diese Versandart bei wichtigen Erklärungen das Mittel der Wahl.
Stellt eine Gemeinde den Entwurf für einen Bebauungsplan einen Tag später als angekündigt ins Internet, führt das zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Dies hat das OVG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 02.11.2023 (1 KN 11/19) entschieden.
In dem Fall wandten sich Anwohner mit einem Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan für ein neues Wohngebiet. Neben verschiedenen inhaltlichen Bedenken machten sie einen formalen Einwand geltend: Der Bauleitplan war einen Tag später auf der Website der Gemeinde verfügbar gewesen, als diese in ihrer Bekanntmachung angekündigt hatte. Die Gemeinde räumte das ein. Sie argumentierte jedoch, dass die Unterlagen die vorgeschriebene Zeit von mindestens 30 Tagen öffentlich einsehbar gewesen sein. Die Dauer der Veröffentlichung sei entscheidend, nicht ihr Beginn.
Das OVG wies die Argumentation der Gemeinde zurück. Nach seiner Auffassung hat die Veröffentlichung der Unterlagen im Internet die gleiche Funktion wie die Auslegung in den Amtsräumen. Demnach müsse auch während der gesamten offiziellen Auslegungszeit über das Internet auf die Unterlagen zugegriffen werden können. Indem die Gemeinde die Unterlagen einen Tag später im Internet veröffentlichte, verstieß sie gegen ihre selbst bekanntgegebene Auslegungszeit. Zwar sei eine Abweichung von einem Tag „marginal“, jedoch gelte vor dem gesetzlichen Ziel eines „einfachen und effektiven Zugangs der Öffentlichkeit“ ein strenger Maßstab an ein ordnungsgemäßes Online-Beteiligungsverfahren. Die Öffentlichkeit müsse darauf vertrauen können, dass die bekanntgegebenen Fristen für die Öffentlichkeitsbeteiligung eingehalten werden.
Gerade kleineren Gemeinden unterlaufen im Bebauungsplanverfahren hin und wieder Formfehler, die fatale Folgen haben können. Um die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes zu verhindern, sollten Verfahrensschritte, die möglicherweise schiefgegangen sind, zur Sicherheit wiederholt werden. Dies gilt, wie die Entscheidung zeigt, auch dann, wenn es zu Verzögerungen oder sonstigen Pannen bei der Veröffentlichung im Internet gekommen ist.
Eine Nutzungsänderung bedarf einer neuen Baugenehmigung, wenn andere Emissionsverhältnisse geschaffen oder sonstige Auswirkungen verändert werden, die baurechtlich relevant sind. Das hat das OVG Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 22.04.2024 (2 M 22/24) klargestellt.
In dem Eilverfahren suchte der Eigentümer eines Grundstücks Rechtschutz gegen eine Nutzungsuntersagung. Auf dem Grundstück war seit DDR-Zeiten bis ins Jahr 2002 ein Betonwerk betrieben worden. Mittlerweile betrieb der Eigentümer dort ein lärmintensives Unternehmen zur Steinaufbereitung. Weiter befanden sich eine Tischlerei und anderes Kleingewerbe auf dem Grundstück. Eine Baugenehmigung konnte der Eigentümer weder für die frühere noch für die neue Nutzung vorweisen. Wegen der Nähe zu Wohngrundstücken befürchteten die Behörden Immissionskonflikte und erließen eine Nutzungsuntersagung. Der Eigentümer berief sich auf Bestandsschutz.
Zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht entschied! Wer sich auf Bestandsschutz aufgrund einer früheren Baugenehmigung berufe, sei nicht nur für deren Vorliegen beweispflichtig, sondern auch für ihren Umfang. Man könne zwar unterstellen, dass das Betonwerk über eine Baugenehmigung verfügt habe. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die jetzige Grundstücksnutzung von einer solchen Baugenehmigung gedeckt sei. Denn es bleibe unklar, wie sich die Genehmigungslage in Bezug auf die Emissionen des Betonwerks dargestellt habe. Dies gelte insbesondere für die Betriebszeiten sowie die Art und die Lage der Emissionsquellen, von denen die Zumutbarkeit für die Nachbarschaft abhinge. Darüber hinaus habe der Antragsteller Flächen an andere Nutzer vermietet, was zusätzlichen An- und Abfahrtsverkehr auslösen könne.
Merke: Nutzungsänderungen brauchen eine Baugenehmigung, wenn sich die neue Nutzung nicht mehr als bloße Variante der ursprünglich genehmigten Nutzung darstellt. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn das bisherige „charakteristische Nutzungsspektrum“ erweitert wird. Vielmehr genügt es, dass durch die Änderung andere Emissionsverhältnisse begründet werden oder sich sonstige baurechtlich relevanten Auswirkungen verändern. Das war hier zu bejahen. Dass die aufgegebene Nutzung ebenfalls laut gewesen sein dürfte, reicht jedenfalls nicht aus, um einen Bestandsschutz für die neue Nutzung zu begründen.