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Wohnungszahl ist baurechtlich irrelevant!

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Ein Nachbar kann sich nicht gegen eine Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus wenden, weil die bauliche Umgebung bislang nur Ein- oder Zweifamilienhäuser aufgewiesen hat.

 

Das hat das OVG Nordrhein-Westfalen, mit Beschluss vom 01.02.2021 (2 B 1964/20) entschieden. In dem Fall hatte ein Nachbar einstweiligen Rechtsschutz gegen ein Bauvorhaben auf einem angrenzenden Grundstück begehrt. Das Vorhaben hatte die Erweiterung eines Zweifamilienhauses zu einem Wohnhaus für fünf Parteien zum Gegenstand. Der Nachbar wendete unter anderem ein, dass die direkte Umgebung des Baugrundstücks durch Ein- und Zweifamilienhäuser geprägt sei. In diesen Rahmen füge sich das Vorhaben nicht ein. Es stelle aufgrund der hohen Zahl seiner Wohneinheiten einen Fremdkörper dar, welcher in eine dafür nicht vorgesehene Baustruktur „gepresst“ werde und die Privatsphäre der umliegenden Grundstücksnachbarn verletze. Zudem öffne das Vorhaben weiteren Bauvorhaben mit zehn und mehr Wohneinheiten Tür und Tor.

 

Dem folgte das OVG nicht. Das Vorhaben sei baurechtlich zulässig. Ein Verstoß gegen planungsrechtliche Vorschriften sei nicht erkennbar. Denn für die Art der baulichen Nutzung komme es nicht darauf an, ob in einem Mehrfamilienhaus oder in einem Ein- oder Zweifamilienhaus gewohnt werde. Das Argument gehe fehl, dass sich das Vorhaben aufgrund der höheren Zahl seiner Wohneinheiten nicht in die bauliche Umgebung einfüge. Das gelte auch dann, wenn das Grundstück des Nachbarn von Dachfenstern und Terrassen des Neubaus aus eingesehen werden könne. Das müsse grundsätzlich hingenommen werden. Für einen ausnahmsweisen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme fehle es an Anhaltspunkten.

 

Die Entscheidung bestätigt: Soweit § 34 BauGB verlangt, dass sich ein Vorhaben hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in den Rahmen der näheren Umgebung einfügt, kommt es lediglich auf seine Qualifikation als Wohnnutzung an. Die Zahl der Wohneinheiten ist insofern ohne Bedeutung. Dasselbe gilt für das Erfordernis, dass sich ein Vorhaben gem. § 34 BauGB nach dem Maß der baulichen Nutzung einfügen muss. Auch für dieses Kriterium spielt die Zahl der Wohneinheiten – anders als z. B. die Zahl der Geschosse – keine Rolle. Das heißt: Tatsächlich mag sich ein Vorhaben mit einer gebietsuntypischen Wohnungszahl als „Fremdkörper“ darstellen – rechtlich sieht das anders aus.



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